Rz. 16

Bei Beauftragung, ggf. auch stillschweigend, kommt der Rechtsanwaltsvertrag zustande. Bei diesem handelt es sich rechtlich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB, regelmäßig mit Dienstvertragscharakter (Dienste höherer Art, § 627 BGB), insbesondere bei Dauerberatung und beim Mandat (d.h. Prozessführung oder Besorgung einer bestimmten sonstigen Angelegenheit). In Ausnahmefällen kann dieser auch Werkvertragscharakter haben, so bei einem Gutachten oder einer Rechtsauskunft zu einem Einzelfall.[10]

 

Rz. 17

Versicherungsschutz seitens der Berufshaftpflichtversicherung besteht nur für jedes Handeln oder Unterlassen des Rechtsanwalts, das in Ausübung beruflicher Tätigkeit erfolgt. Wird der Rechtsanwalt nur im Rahmen einer rechtlich unverbindlichen Gefälligkeitsabrede tätig, fehlt es an einem Vertragsverhältnis zur Begründung der Anwaltshaftung.

 

Rz. 18

Ein echter Anwaltsvertrag nach § 3 Abs. 1 BRAO ist gegeben, wenn sich der Rechtsanwalt zu einer selbstständigen Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen verpflichtet. Die Übernahme der Pflicht, in anwaltlicher Funktion rechtlichen Beistand zu leisten, ist Inhalt des entsprechenden Geschäftsbesorgungsvertrages.

 

Rz. 19

In Bezug auf das Zustandekommen des Anwaltsvertrages gelten §§ 145 ff. BGB. Die Verpflichtung des Rechtsanwalts nach § 44 BRAO, dem Rechtsuchenden unverzüglich zu erklären, wenn er den Auftrag nicht annehmen will, führt nicht etwa dazu, dass die Auftragsannahme durch den Rechtsanwalt entbehrlich ist. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Rechtsanwalt seinen Annahmewillen objektiv erkennbar betätigt. Der Vertrag ist nicht formbedürftig und kann auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Wird der Anwalt in der ihm angetragenen Rechtssache tätig oder lässt er dem Mandanten die erbetenen Informationen zukommen, erklärt er damit stillschweigend die Annahme des Angebots zum Abschluss des Anwaltsvertrags. Der Rechtsanwalt braucht das Mandat gegenüber dem Auftraggeber dann nicht nochmals ausdrücklich anzunehmen. § 151 S. 1 BGB ist anwendbar.[11]

 

Rz. 20

Im Interesse des Rechtsanwalts liegt es aber, etwaige spätere Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, etwa durch das Unterzeichnenlassen einer Vollmacht.

 

Rz. 21

Die weitere Frage ist, ob der Geschäftsbesorgung ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag zugrunde liegt. Wird die Verpflichtung übernommen, einen konkreten Erfolg herbeizuführen, liegt der Geschäftsbesorgung ein Werkvertrag zugrunde; z.B. wenn der Vertrag auf die Anfertigung eines Rechtsgutachtens oder den Entwurf eines Vertrages gerichtet ist oder falls sich die Mandatserteilung auf eine Rechtsauskunft zu einer konkreten Frage beschränkt.

 

Rz. 22

Der Auftrag zur Prozessführung beinhaltet einen Dienstvertrag. Der Rechtsanwalt schuldet sein Tätigwerden, ohne für den vom Mandanten erwünschten Erfolg, also das Obsiegen im Prozess, einstehen zu müssen. Wirft der Mandant ihm später eine Pflichtverletzung vor, die zum (teilweisen) Verlust des Prozesses geführt habe, ist er dennoch zur Zahlung der Gebühren verpflichtet. Der Auftraggeber kann allenfalls Schadensersatz verlangen. Dazu muss er die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1, 611 BGB darlegen und beweisen. Gelingt ihm dies, kann er mit einer Aufrechnung die Gebührenforderung seines Prozessbevollmächtigten zum Erlöschen bringen, §§ 388, 389 BGB.

[10] Palandt/Sprau, 79. Aufl. 2020, § 675 BGB Rn 23 m.w.N.
[11] BGH, Urt. v. 17.3.1971 – IV ZB 64/70, juris Leitsatz = VersR 1971, 646 f.

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