Rz. 44

Die Anspruchshäufung bzw. objektive Klagenhäufung besteht in einem Verfahren entweder von Anfang an oder sie entsteht erst nachträglich durch Klageänderung.

Von Anfang an besteht eine Anspruchshäufung, wenn der Kläger gemäß § 260 ZPO mehrere verschiedene Ansprüche gegen denselben Beklagten geltend macht. Für den Zuständigkeitsstreitwert und den Gebührenstreitwert gilt, dass die Werte der verschiedenen Ansprüche addiert werden und ein Gesamtstreitwert gebildet wird (§ 5 Hs. 1 ZPO, § 39 Abs. 1 GKG, § 22 Abs. 1 RVG).

 

Beispiel:

Schneider klagt gegen Reents auf Herausgabe eines Pferdes (Verkehrswert: 5.000,00 EUR) und auf Rückzahlung eines Darlehens von 4.500,00 EUR. Welches Gericht ist für die Klage sachlich zuständig?

Es liegen zwei wirtschaftlich selbstständige Ansprüche vor, die zu einem Gesamtstreitwert zu addieren sind, und zwar für den Zuständigkeitsstreitwert (§ 5 Hs. 1 ZPO) wie auch für den Gebührenstreitwert (§ 39 Abs. 1 GKG, § 22 Abs. 1 RVG). Bei einem Gesamtstreitwert von 5.000,00 EUR + 4.500,00 EUR = 9.500,00 EUR ist das Landgericht sachlich zuständig.

 

Rz. 45

Nachträglich kann es zur Anspruchshäufung kommen, wenn vom Kläger ein weiterer Anspruch zusätzlich eingeklagt wird. Dies wird auch Klageerweiterung genannt. Auch hier ist die Addition nach § 5 Hs. 1 ZPO vorzunehmen. Mit der Einreichung des Klageerweiterungsantrages erwächst dem RA eine Verfahrensgebühr nach dem nunmehr erhöhten Gegenstandswert und mit der ersten Verhandlung über den erhöhten Wert eine entsprechende Terminsgebühr.

 

Beispiel:

RA Schmidt klagt für Scherber gegen Reents auf Herausgabe eines Pkw (Verkehrswert: 4.000,00 EUR). Nach streitiger Verhandlung und Beweisaufnahme erweitert er die Klage um den zusätzlichen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 1.500,00 EUR, da Reents den Pkw beschädigt hat. Nach einer weiteren streitigen Verhandlung erkennt Reents beide Ansprüche an. Wie wirkt sich die Klageerweiterung auf den Wert aus?

Die Klageerweiterung ist in diesem Falle zulässig, da sie sachdienlich ist (§ 263 ZPO). Es liegen zwei wirtschaftlich selbstständige Ansprüche vor, die gemäß § 39 Abs. 1 GKG bzw. § 22 Abs. 1 RVG für den Gebührenstreitwert zu einem Gesamtstreitwert zu addieren sind. Es ergibt sich nach der Klageerweiterung ein Gesamtstreitwert von 4.000,00 EUR + 1.500,00 EUR = 5.500,00 EUR. Die nachträgliche Erhöhung des Zuständigkeitsstreitwertes durch die Klageerweiterung bleibt für die Zuständigkeitsfrage hier ohne Auswirkung (vgl. § 506 ZPO).

RA Schmidt und das Gericht berechnen die Gebühren nach dem Gegenstandswert von 5.500,00 EUR.

 

Merke:

Die Werte mehrerer Gegenstände in einer Angelegenheit werden zu einem Gebührenstreitwert zusammengerechnet.

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