1. Höhe der Geschäftsgebühr

 

Rz. 5

Der Rechtsanwalt erhält für die außergerichtliche Tätigkeit eine Geschäftsgebühr gemäß der Nr. 2300 VV RVG.

Das "Betreiben eines Geschäfts" für den Mandanten durch den Rechtsanwalt liegt immer dann vor, wenn der Rechtsanwalt nach außen hin tätig wird. Die Höhe der Geschäftsgebühr ist geregelt in Nr. 2300 VV RVG und liegt zwischen 0,5 und 2,5. Dort findet sich die Einschränkung: "Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war."

Damit hat der Gesetzgeber vorgegeben, welche der in § 14 RVG genannten Kriterien einzig zur Erhöhung der Geschäftsgebühr über den vorgegebenen Wert von 1,3 führen können.[12]

[12] Rißmann/Hähn, § 11 Rn 33.

2. Bestimmung der Rahmengebühr

 

Rz. 6

Die Kriterien zur Bestimmung der Rahmengebühr sind im Einzelfall konkret abzuwägen. Für den Ansatz der Höchstgebühr kann es ausreichend sein, wenn zwei der Bewertungsmerkmale in überdurchschnittlichem Maße vorliegen. So kann trotz unterdurchschnittlicher Vermögensverhältnisse des Auftraggebers bei Vorliegen einer überdurchschnittlich hohen Bedeutung der Angelegenheit die Höchstgebühr angemessen sein.[13]

[13] OLG Hamm JurBüro 1999, 525.

a) Umfang der anwaltlichen Tätigkeit

 

Rz. 7

Dieses Kriterium stellt auf die für die Bearbeitung durch den Rechtsanwalt aufzuwendende Zeit ab. Es ist im Einzelnen zu klären, ob überdurchschnittlich viel Zeit im Vergleich zu anderen, nicht nur erbrechtlichen, Mandaten erforderlich war.

 

Rz. 8

Der überwiegend im Erbrecht tätige Rechtsanwalt muss also nicht diese, zweifelsohne im Vergleich zu anderen Rechtsgebieten, aufwändige Materie nur mit dieser vergleichen, sondern darf sein Mandat, da das RVG für alle Rechtsgebiete Anwendung findet, natürlich auch mit weniger arbeitsintensiven Rechtsgebieten vergleichen.[14] Hierbei kann berücksichtigt werden, dass

eine umfangreiche Vorarbeit durch den beauftragten Rechtsanwalt, z.B. für das Studium einer umfangreichen Nachlassakte oder von umfangreichen Schriftverkehr, bzw. Vorkorrespondenz, oder von umfangreichen mehrseitigen Verfügungen von Todes wegen, Erbverträgen etc., zur Einarbeitung in die Angelegenheit erforderlich gewesen ist (nicht aber der Aufwand, der erforderlich ist, um sich selbst fortzubilden, weil der Rechtsanwalt sonst nicht im Erbrecht tätig ist und daher zunächst Grundlagen erarbeitet werden müssen);
ein gewisser Umfang zu prüfender Beiakten vorliegt (mehrere gerichtliche Nachlassakten von involvierten Nachlässen, Vor- und Nacherbschaftsangelegenheiten);
eine überdurchschnittliche Vielzahl und/oder langandauernder Besprechungen (wie Besprechungstermine, telefonische Besprechungen, Besichtigungen vor Ort, Verhandlungsgespräche) im Rahmen der Bearbeitung des Mandats erforderlich gewesen sind;[15]
ein Verfahren über mehrere Jahre andauert, insbesondere dann, wenn die Dauer des Verfahrens auf das Verhalten der Beteiligten zurückzuführen ist und z.B. die Aufklärung des Sachverhalts erschwert worden ist;
ein überdurchschnittlicher zeitlicher Aufwand innerhalb des Mandatsverhältnisses erforderlich gewesen ist, um z.B. einen "intellektuell minder begabten" Auftraggeber voll umfänglich zu unterrichten, von diesem informiert zu werden und Besprechungen über die Vorgehensweise durchzuführen.[16]
 

Hinweis

Um den Aufwand des Rechtsanwalts belegen zu können, ist eine umfangreiche Dokumentation seiner Tätigkeiten, z.B. Inhalt und Länge von Besprechungen, Telefonaten u.Ä., unerlässlich.

[14] Rißmann/Hähn, § 11 Rn 25.
[15] Kerscher/Krug/Spanke/Seiler-Schopp, § 5 Rn 81 m.w.N.
[16] Rißmann/Hähn, § 11 Rn 25.

b) Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit

 

Rz. 9

Zu differenzieren ist die rechtliche und die tatsächliche Schwierigkeit der Tätigkeit. Von einer rechtlich schwierigen Tätigkeit ist auszugehen, wenn eine besondere Einarbeitung in seltene Rechtsgebiete erforderlich gewesen ist oder besondere rechtliche Problemstellungen zu klären sind.

Die Anforderungen an die anwaltliche Tätigkeit sollen hier überdurchschnittlich sein. Objektiver Maßstab für die Beurteilung der Schwierigkeit ist die Sicht des Allgemeinanwalts.[17]

 

Rz. 10

Die Schwierigkeit ist auch dann nach § 14 Abs. 1 RVG zu berücksichtigen, wenn es sich bei dem Anwalt um einen Spezialisten auf dem betreffenden Gebiet handelt, für den die Sache aufgrund seiner Spezialkompetenz weniger schwierig ist, als für einen Allgemeinanwalt.[18]

 

Rz. 11

Eine tatsächlich schwierige Tätigkeit liegt dann vor, wenn der Anwalt erheblich über dem Durchschnitt liegende Probleme zu lösen hat.[19] Beispiele hierzu können sein, erforderliche Fremdsprachenkenntnisse des Rechtsanwalts, Auswertung eines Fachgutachtens auf nicht alltäglichem Gebiet u.a.[20]

[17] SG Marburg AGS 2008, 451; LG Karlsruhe AnwBl 1973, 367.
[19] Gerold/Schmidt/Mayer, § 14 RVG Rn 16; a.A. Burhoff, RVGreport 2005, 361, 363.
[20] Schneider/Volpert/N. Schneider, § 14 RVG Rn 37 m.w.N.

c) Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber

 

Rz. 12

Hierbei ist als subjektives Merkmal die Bedeutung der Angelegenheit aus der Sicht des Auftraggebers zu ermitteln.[21] Somit ist die tatsächliche Bedeutung der Nachlassangelegenheit ebenso ausschlaggebend wie die...

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