Rz. 18

§ 2306 BGB räumt dem Pflichtteilsberechtigten immer ein Wahlrecht ein: Er kann entweder den hinterlassenen Erbteil samt seinen Beschränkungen oder Beschwerungen annehmen oder aber die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen. In welcher Höhe dem Pflichtteilsberechtigten ein Erbteil hinterlassen wurde, ist für das Bestehen des Wahlrechts unerheblich.

 

Rz. 19

Bei Annahme der Erbschaft bleibt der Pflichtteilsberechtigte Erbe mit allen sich daraus ergebenden Vor- und Nachteilen. Alle angeordneten Beschränkungen und Beschwerungen bleiben bestehen. So muss er auch Vermächtnisse erfüllen, selbst wenn dadurch der Wert des Nachlasses ausgeschöpft wird.[43] Dass dadurch auch in seinen Pflichtteil eingegriffen wird, ist ohne Belang; auch § 2318 Abs. 3 BGB schützt den pflichtteilsberechtigten Erben hier nicht (siehe § 2 Rdn 81 ff.). Er hat dann auch keinen Pflichtteilsrestanspruch.[44] Jedoch besteht bei einem tatsächlichen Irrtum über das Bestehen der Belastungen ein Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 2 BGB zumindest dann, wenn durch diese der Pflichtteilsanspruch gefährdet wäre.[45] Nach der Rspr. des BGH kann der Pflichtteilsberechtigte auch anfechten, wenn er infolge eines Rechtsirrtums nicht erkannte, dass er seinen Pflichtteil gegen zu große Vermächtnisbeschwerungen nur durch Ausschlagung nach § 2306 Abs. 1 BGB verteidigen kann, und daher die Ausschlagung versäumte.[46]

[43] U. Mayer, DNotZ 1996, 422, 424.
[44] Staudinger/Haas (Neubearb. 2006), § 2306 Rn 55.
[45] BGHZ 106, 359, 363 = NJW 1989, 2885.
[46] BGH ZEV 2016, 574; BGH NJW 2006, 3353 = ZErb 2006, 378 m. Anm. Keim = ZEV 2006, 498 m. Anm. Leipold.

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