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Urkundenvorlage durch Dritte:[51] Nach § 142 ZPO kann das Gericht – ggf. unter Fristsetzung – von Amts wegen die Vorlage von Urkunden nicht nur durch die Parteien, sondern auch durch Dritte anordnen, sofern dem Dritten dies zumutbar ist und er kein Zeugnisverweigerungsrecht hat.[52] Zwangsmittel stehen gegenüber dem Dritten wie gegenüber einem Zeugen zur Verfügung. Die Vorschrift ist für Erbprozesse von erheblicher Bedeutung.

Bei Erbteilungsklagen ist die Kenntnis über ausgleichungspflichtige Vorempfänge unerlässlich (§§ 2050 ff., 1624 BGB). Gleiches gilt für anrechnungs- und/oder ausgleichungspflichtige Vorempfänge bei der Pflichtteilsklage (§§ 2315, 2316 BGB). Urkunden sind generell zuverlässigere Beweismittel als Zeugenaussagen. Deshalb ist es für eine beweispflichtige Partei von Vorteil, wenn ein Dritter schriftliche Unterlagen, bspw. einen Überweisungsbeleg, vorlegen kann. Dritter kann auch der zuständige Mitarbeiter einer Bank sein, die Kontounterlagen wenigstens in der Form von Mikrofilmen besitzt.
Bedeutung kommt der Vorschrift auch in Erbenfeststellungsprozessen in Bezug auf die Vorlage von Schriftstücken zu, die Testamentsqualität haben können, bspw. eines an einen Dritten gerichteten eigenhändig geschriebenen Briefes.
Gleiches gilt für die Patientenkartei eines Arztes in Bezug auf Fragen der Geschäfts- oder Testierfähigkeit, sofern dem Arzt kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht.
Die Vorlage eigenhändig vom Erblasser verfasster Schriftstücke ist entscheidend bei einem Streit über die Formgültigkeit eines privatschriftlichen Testaments (§ 2247 Abs. 1 BGB) für die Erstellung eines grafologischen Gutachtens, das ohne eine Vergleichsschrift nicht auskommt.

Da § 30 FamFG auf das Beweisrecht der ZPO verweist, hat die Vorschrift auch Geltung im Erbscheinsverfahren und anderen FG-Verfahren. Ist zweifelhaft, ob eine Urkunde durch einen Dritten vorgelegt werden muss, so kann darüber gem. §§ 142 Abs. 2 S. 2, 387 ZPO ein Zwischenurteil bzw. im FG-Verfahren ein Zwischen-Beschluss ergehen, das bzw. der gem. § 387 Abs. 3 ZPO mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann. Nach § 144 Abs. 1 S. 2 ZPO kann die Herausgabe von Gegenständen nicht nur durch eine Partei, sondern auch durch einen Dritten zum Zwecke der Durchführung einer Beweisaufnahme angeordnet werden.

[51] Vgl. Krug, ZEV 2002, 58.
[52] Vgl. ausführlich Frühauf/Kortge, Das Zivilprozessreformgesetz, Beilage NJW 2000 Heft 40.

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