a) Zivilrecht

 

Rz. 3

Der Pflichtteilsberechtigte und der Erblasser können vor dem Erbfall durch isolierten Pflichtteilsverzicht gem. § 2346 Abs. 2 BGB oder durch Erbverzicht gem. § 2346 Abs. 1 BGB einen Verzicht auf das Pflichtteilsrecht vereinbaren. Diese Vereinbarungen sind gem. § 2348 BGB notariell zu beurkunden. Auch ein Verzicht (gegen Abfindung) nach dem Erbfall ist möglich.

b) Schenkung- und Erbschaftsteuerrecht

aa) Erb-/Pflichtteilsverzicht ohne Abfindung

 

Rz. 4

Vor dem Erbfall vermittelt das Pflichtteilsrecht lediglich eine bloße Erwerbsaussicht ohne Vermögenswert.[1] Wird ein Erb- oder Pflichtteilsverzicht vor dem Erbfall ohne Abfindungszahlung vereinbart, ergeben sich daraus mangels Zuwendung (der Verzichtende gibt lediglich eine Erwerbschance auf) keine schenkung- oder erbschaftsteuerlichen Folgen für den künftigen Erblasser, den Erben oder den Pflichtteilsberechtigten.

[1] Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk/Gebel, ErbStG, § 7 Rn 316.

bb) Erb-/Pflichtteilsverzicht mit Abfindung

 

Rz. 5

Verzichtet der Pflichtteilsberechtigte gegen Abfindung auf sein Pflichtteilsrecht, steht der Abfindung kein Synallagma (lediglich die Aufgabe der Erwerbschance) gegenüber, so dass die geleistete Abfindung gem. §§ 7 Abs. 1 Nr. 5, 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (wie eine freigiebige Zuwendung) sofort – und nicht etwa erst im Erbfall – steuerpflichtig ist. An dieser steuerlichen Beurteilung ändert die (streitige) zivilrechtliche Dogmatik – dass eine Abfindung an den Verzichtenden aus Gründen der Inhaltskontrolle jedenfalls empfehlenswert ist[2] und wonach dann ein entgeltlicher Verzicht vorliegen kann[3] – nichts.

 

Rz. 6

Nach dem BFH – unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung – gilt eine z.B. von einem Geschwisterteil vor dem Erbfall gezahlte Abfindung für den letztlich ihn begünstigenden Pflichtteilsverzicht nicht mehr als vom Erblasser geleistet und unterliegt der (ungünstigen) Steuerklasse II.[4] Anderes gilt für eine nach dem Erbfall gezahlte Abfindung für die Nichtgeltendmachung (siehe Rdn 24>).

 

Hinweis

Im Rahmen einer lebzeitigen Vermögensübergabe kann diese negative Steuerfolge vermieden werden, indem ein Geschwister im Rahmen einer Auflage verpflichtet wird, eine Ausgleichszahlung an das weichende Geschwister zu leisten und das weichende Geschwister einen entsprechenden (auf den Überlassungsgegenstand gegenständlich beschränkten) Pflichtteilsverzicht erklärt. Bezüglich dieser Zahlungsauflage besteht gem. § 7 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ein steuerliches Zuwendungsverhältnis zwischen schenkenden Eltern und weichendem Geschwister.

[2] Dazu allerdings verneinend Palandt/Weidlich, § 2346 BGB Rn 17.
[3] MüKo-BGB/Weyerhoff, Bd. 10, § 2346 Rn 21.

cc) Abgrenzung zum Erbschaftsvertrag

 

Rz. 7

§ 311b Abs. 5, 6 BGB ermöglicht es künftigen gesetzlichen Erben, einen Erbschaftsvertrag über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil am Nachlass eines noch lebenden Dritten zu schließen. Solche Vereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung, § 311 Abs. 5 S. 2 BGB. Wird im Rahmen eines Erbschaftsvertrages keine Abfindung vereinbart, ergeben sich daraus mangels Zuwendung (Vertragsgegenstand ist lediglich eine Erwerbschance) keine schenkung- oder erbschaftsteuerlichen Folgen für den künftigen Erblasser oder den Pflichtteilsberechtigten. Wird hingegen eine Abfindung vereinbart, greift die Fiktion, dass die schenkungsteuerpflichtige Abfindungszahlung als vom Erblasser geleistet gilt (siehe Rdn 24 f.>), nicht, da die Schenkungsteuerpflicht aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG herrührt.[5]

c) Einkommensteuerrecht

 

Rz. 8

Da dem Erb-/Pflichtteilsverzicht kein synallagmatisches Verhältnis zugrunde liegt, ergeben sich grundsätzlich keine einkommensteuerlichen Konsequenzen. Weder für den Abfindungsschuldner noch den Pflichtteilsberechtigten liegt ein Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgang vor.

Verzichtet ein Kind gegenüber seinen Eltern auf künftige Pflichtteilsansprüche und erhält es dafür einen fälligen Zahlungsanspruch, so führt allerdings die Verzinsung dieses Zahlungsanspruchs zu steuerpflichtigen Kapitalerträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EstG, und zwar auch, wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt.[6] Kapitalforderungen sind alle auf Geldleistung gerichtete Forderungen ohne Rücksicht auf die Dauer der Kapitalüberlassung oder den Rechtsgrund (hier Regulierung der Vermögensnachfolge) des Anspruchs.

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