Rz. 173

Beschäftigt ein Arbeitgeber i.d.R. mehr als 15 Arbeitnehmer (§ 8 Abs. 7 TzBfG) und besteht das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers länger als sechs Monate (§ 8 Abs. 1 TzBfG), kann der Arbeitnehmer eine Verringerung seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit verlangen. Bei der Ermittlung der beim Arbeitgeber beschäftigten Personen stellt das Gesetz nicht auf den Betrieb, sondern auf den Arbeitgeber ab und es werden alle Personen gezählt, die sich nicht in der Berufsausbildung befinden. Dies bedeutet, dass hierbei nur von der Kopfzahl der Beschäftigten ausgegangen wird, also auch alle geringfügig Beschäftigten als jeweils ein Arbeitnehmer gezählt werden. Eine anteilige Anrechnung von Teilzeitbeschäftigungen erfolgt nicht. Mitzuzählen sind, allerdings unter Berücksichtigung des § 21 Abs. 7 BEEG, auch Arbeitnehmer deren Arbeitsverhältnis ruht.

 

Rz. 174

Der Arbeitnehmer muss, wenn er eine Verringerung der Arbeitszeit erreichen will, den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn geltend machen. Da das Gesetz keine Ausführungen dazu macht, in welcher Form der Arbeitnehmer seine Verringerung beantragen muss, kann davon ausgegangen werden, dass diese dem Arbeitgeber auch mündlich mitgeteilt werden kann.

Reagiert der Arbeitgeber auf den gestellten Antrag des Arbeitnehmers bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn nicht schriftlich, hat der Arbeitnehmer das Recht, ab diesem Zeitpunkt, gemäß der von ihm geltend gemachten reduzierten Arbeitszeit, seine Arbeit zu erbringen. Da eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs durch den Arbeitnehmer nicht erforderlich ist und auch nicht einzel- oder kollektivvertraglich vereinbart werden kann, ist dem Arbeitgeber grds. anzuraten, bei Unklarheiten darüber dringend nachzufragen. Klärt der Arbeitgeber dies nicht ab und versäumt er die Frist, in der er Bedenken gegen die Arbeitszeitreduzierung erheben kann, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entspr. den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Für den Arbeitnehmer ist es ausreichend, wenn im Fall einer Rechtsstreitigkeit z.B. ein Arbeitskollege bestätigen kann, dass der Arbeitnehmer entweder bei der Personalabteilung oder aber bei dem für ihn zuständigen Vorgesetzten einen mündlichen Antrag auf Arbeitszeitreduzierung rechtzeitig gestellt hat.

 

Rz. 175

Bei den hier zu behandelnden Fällen der Auslandstätigkeit wird der Arbeitgeber i.d.R. eine Arbeitszeitreduzierung verhindern wollen, weil hierdurch der Zweck des Auslandeinsatzes, z.B. die Fertigstellung einer Produktionsstätte, Inbetriebnahme einer bestimmten Anlage, termingerechte Beendigung eines Projektes etc., gefährdet sein kann. Dies kann der Arbeitgeber jedoch nur dann erreichen, wenn er innerhalb der Monatsfrist die von dem Arbeitnehmer gewünschte Verteilung der Arbeitszeiten gem. § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG schriftlich ablehnt.

Gem. § 8 Abs. 3 TzBfG soll der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmliche Regelung über die vom Arbeitnehmer gewünschte Arbeitszeitreduzierung treffen. Hieraus ergibt sich jedoch keine einklagbare Verhandlungspflicht, sondern allenfalls eine beiderseitige Verhandlungsobliegenheit.[81] Lehnt der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers ab, ohne zuvor mit ihm verhandelt zu haben, führt dieser Verstoß nicht zur Unwirksamkeit der Ablehnung. Nach Ansicht des BAG kann der Arbeitgeber in einem solchen Fall im Rechtsstreit dem Arbeitnehmer jedoch keine Einwendungen entgegenhalten, die im Rahmen von Verhandlungen hätten ausgeräumt werden können.[82]

 

Rz. 176

Der Arbeitgeber wird bei Auslandseinsätzen seiner Mitarbeiter zumeist einer Reduzierung der Arbeitszeit durch den Arbeitnehmer widersprechen. Das Gesetz sieht gem. § 8 Abs. 4 TzBfG jedoch einen Kontrahierungszwang für den Arbeitgeber auf Verringerung der Arbeitszeit vor, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Das Gesetz zählt einige betriebliche Gründe nur beispielhaft ("insbesondere") auf, z.B. die wesentliche Beeinträchtigung der Organisation oder der Arbeitsabläufe, die Sicherheit im Betrieb oder unverhältnismäßig hohe Kosten, sodass auch andere Gründe als betriebliche Gründe vom Arbeitgeber angeführt werden können.

 

Rz. 177

Als betrieblicher Grund wird, wenn der Arbeitnehmer für einen bestimmten Zweck ins Ausland transferiert wurde, z.B. für ein Projekt, die Gefährdung dieses Zwecks aufgrund der Reduzierung der Arbeitszeit anzusehen sein. Hat der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer für zwei Jahre ins Ausland entsandt, um dort eine komplizierte Produktionsanlage zu erstellen und hat der Arbeitgeber sich verpflichtet, diese zu einem bestimmten Termin funktionsgerecht zu übergeben, könnte er die Arbeitszeitreduzierung des Arbeitnehmers dann ablehnen, wenn hierdurch die ordnungsgemäße Übergabe zum vereinbarten Zeitpunkt gefährdet wäre. Nicht ausreichend ist ein abstrakter Vortrag des Arbeitgebers, dass die Arbeitszeitreduzierung diesen Zweck gefährden könnte. Der Arbeitgeber muss vielmehr detailliert vortragen, wie sich die Arbeitszeitreduzierung des Arbei...

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