Rz. 46

Weiterhin ist der Anwendungsbereich des § 823 Abs. 1 BGB eröffnet.[175] Insbesondere die Zwangsvollstreckung in schuldnerfremde Gegenstände stellt grundsätzlich eine Eigentumsverletzung i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB dar und vermag eine deliktische Haftung desjenigen zu begründen, der sie betreibt.[176] Ein nicht begründeter Insolvenzantrag oder eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung kann das Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen.[177] In Bezug auf das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird es allerdings nur in Ausnahmefällen eine Haftung des Rechtsanwalts bzw. seiner Gesellschaft geben, da dieser Tatbestand eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebes erfordert. Führt ein unvermeidbarer Verbotsirrtum gem. § 17 S. 1 StGB zur Schuldlosigkeit, so schließt dies auch eine Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB aus.[178] Hinsichtlich § 826 BGB ist Vorsatz erforderlich. Dies bedeutet, dass der die Auskunft erteilende Rechtsanwalt wenigstens mit der Möglichkeit eines Schadenseintritts bei einem anderen gerechnet und diesen billigend in Kauf genommen haben muss.[179]

 

Rz. 47

Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit besteht für den Rechtsanwalt ein weiter Anwendungsbereich der Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 197 StGB. So können persönliche Angriffe gegen den Prozessgegner im Einzelfall gerechtfertigt sein. Die anwaltliche Berufsausübung unterliegt grundsätzlich der freien Selbstbestimmung des einzelnen Rechtsanwalts.[180] Freilich ist im Einzelfall abzuwägen, welcher Freiraum dem Rechtsanwalt beim "Kampf ums Recht" zusteht.[181] Eine überzogene oder auffällige Kritik stellt für sich genommen noch keine Schmähung dar; es muss hinzutreten, dass die Auseinandersetzung nicht sachlich i.S.d. § 43a Abs. 3 S. 2 BRAO ist.[182] Im Grunde genommen nimmt das BVerfG einen Verstoß gegen § 43 Abs. 3 S. 2 BRAO nur dann an, wenn die Äußerung auch eine Beleidigung nach § 185 StGB darstellt – damit werden die Hürden eigentlich höher als notwendig gelegt.[183] Der Vorwurf der Winkeladvokatur ist keine Ehrverletzung, sondern von der Meinungsfreiheit gedeckt,[184] ebenso wie die Bezeichnung als "durchgeknallte Staatsanwältin".[185]

[175] Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 290 ff. m.w.N.
[179] BGH NJW 2004, 446, 448.
[180] BVerfG NJW 1983, 1535 ff.
[181] BGH NJW 1992, 2014; BVerfG v. 19.5.2020 – 1 BvR 362/18.
[182] AGH Nordrhein Westfalen BRAK-Mitt. 2016, 293 ff.
[183] Huff, NJW-Spezial 2014, 574 f.
[184] BVerfG NJW 2013, 3021, anders noch OLG Köln BRAK-Mitt. 2012, 227.

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