Leitsatz (amtlich)

Nach einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung scheidet eine persönliche Haftung des vom Schutzrechtsinhaber beauftragten Anwalts wegen Eingriffs in den Gewerbetrieb des Abgemahnten grundsätzlich aus.

 

Normenkette

BGB § 823

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.07.2012; Aktenzeichen 2/6 O 609/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 01.12.2015; Aktenzeichen X ZR 170/12)

 

Tenor

Die gegen die Beklagten zu 2) und 3) gerichtete Berufung der Klägerin gegen das am 20.7.2011 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Frankfurt/M. wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) im Berufungsverfahren werden der Klägerin auferlegt. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zu 2) und 3) vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagten zu 2) und 3) im Wege der Anwaltshaftung für eine nach Ansicht der Klägerin unberechtigte Schutzrechtsverwarnung Schadensersatz zu leisten haben.

Die Klägerin und die Beklagte zu 1) sind im Bereich der Satellitenempfangstechnik tätig. Die Beklagte zu 1) war Inhaberin des am 17.2.1994 angemeldeten und am 18.2.1999 erteilten Deutschen Patents DE ..., das eine Antennenanordnung für Satellitenempfänger betrifft. Zwischenzeitlich ist das Patent aufgrund des Urteils des BGH mit Urteil vom 27.10.2011 (Az.: X ZR 94/09) rechtskräftig für nichtig erklärt worden.

Unter dem 12.03. und 22.6.2007 mahnte der Beklagte zu 2), der zusammen mit der Beklagten zu 3) eine Anwaltskanzlei betreibt, als anwaltlicher Vertreter der Beklagten zu 1) in deren Namen Abnehmer der Klägerin unter Berufung auf das vorgenannte Patent ab (Anlagen K 8, K 12).

Wegen der Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 197 ff. d.A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat der auf Schadensersatz gerichteten Klage gegen die Beklagte zu 1) teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag, auch gegen die Beklagten zu 2) und 3), weiter. Dabei hat sie sich zunächst darauf berufen, dass die Abmahnungen über den Schutzbereich des Streitpatents hinausgegangen seien. Nach der Entscheidung des BGH vom 27.10.2011 hat sich die Klägerin auf die fehlende Beständigkeit des Patents insgesamt gestützt.

Über das Vermögen der Beklagten zu 1) wurde mit Beschluss des AG Offenbach am Main vom 13.12.2011 (Az.: 8 IN 486/11) das Insolvenzverfahren eröffnet, weshalb der Rechtsstreit insoweit unterbrochen ist.

Die Klägerin beantragt bezüglich der Beklagten zu 2) und 3), unter Abänderung des am 20.7.2011 verkündeten Urteils des LG Frankfurt/M. (Az.: 2-06 O 609/10) die Beklagten zu 2) und 3) gesamtschuldnerisch neben der Verurteilung der Beklagten zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 1,5 Mio. EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.7.2008 zu zahlen, hilfsweise, die Beklagten zu 2) und 3) gesamtschuldnerisch neben der Verurteilung der Beklagten zu 1) zu verurteilen, die Klägerin von den Ansprüchen des Rechtsanwalts RA1 aus abgetretenen Recht der Rechtsanwälte ... A, B, C, D, Stadt1, zunächst wegen der Kostenübernahme für anwaltliche Tätigkeit nach Maßgabe des RVG in 400 Einzelfällen für die in Anlage K 16 genannten Parteien i.H.v. jeweils 2.728 EUR aufgrund der rechtswidrigen Schutzrechtsverwarnung aus März 2007 (Anlage K 8) und und sodann wegen der Kostenübernahme für anwaltliche Tätigkeit nach Maßgabe des RVG in 308 Einzelfällen für die in Anlage K 18 genannten Parteien i.H.v. jeweils 2.728 EUR aufgrund der rechtswidrigen Schutzrechtsverwarnung aus Juni 2007 (Anlage K 12) zum Höchstbetrag von insgesamt 1,5 Mio. EUR freizuhalten, äußerst hilfsweise:

die Beklagten zu 2) und 3) neben der Verurteilung der Beklagten zu 1) zu verurteilen, wegen der im Hilfsantrag genannten Ansprüche Sicherheit i.H.v. 1,5 Mio. EUR zu leisten.

Die Beklagten zu 2) und 3) beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil.

II. Die Berufung der Klägerin gegen die Beklagten zu 2) und 3) ist nicht begründet.

Das LG hat zu Recht Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 2) und 3) wegen des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch die Abnehmerverwarnungen vom 12.03. und 22.6.2007 (§ 823 Abs. 1 BGB) abgelehnt. Die Voraussetzungen liegen nicht vor.

Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stellt einen "offenen" Auffangtatbestand dar, der lediglich den gesetzlichen Schutz ergänzen und bestehende Haftungslücken ausfüllen soll und dessen...

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