Rz. 5

Die Arbeitnehmer nehmen mit ihren Insolvenzforderungen am Insolvenzverfahren teil. Insoweit haben sie Stimmrechte in der Gläubigerversammlung, die wesentliche Entscheidungen über den Ablauf des Insolvenzverfahrens zu treffen hat. Allerdings sind in der Praxis diese Stimmrechte angesichts der Insolvenzforderungen der anderen Insolvenzgläubiger regelmäßig nicht von großem Gewicht. Darüber hinaus nehmen Arbeitnehmer als Insolvenzgläubiger in der Praxis auch selten an Gläubigerversammlungen teil, um dort ihre Stimmrechte auszuüben.

I. Entgeltrückstände außerhalb des Insolvenzgeldzeitraums

1. Laufende Vergütungsansprüche

 

Rz. 6

Die Privilegierung rückständiger Vergütungsansprüche wie im früheren Konkursrecht (§§ 59 Abs. 1, 61 Abs. 1 KO) ist entfallen. Sie sind heute gem. §§ 38, 108 Abs. 2 InsO einfache Insolvenzforderungen.[4] Das gilt auch für vor der Insolvenzeröffnung geleistete "Sanierungsstunden" der Arbeitnehmer, die – wegen Kündigung des Arbeitsverhältnisses – nach Insolvenzeröffnung fällig werden.[5]

 

Rz. 7

Soweit die Vergütungsansprüche nicht wegen der Beantragung von Insolvenzgeld auf die Bundesagentur für Arbeit übergehen,[6] muss der Arbeitnehmer sie – als Bruttoforderung[7] – zur Insolvenztabelle anmelden.

 

Rz. 8

 

Hinweis

Schon mit der Beantragung von Insolvenzgeld durch den Arbeitnehmer gehen die zugrunde liegenden Vergütungsansprüche auf die Bundesagentur für Arbeit über. Der Anspruchsübergang auf die Bundesagentur für Arbeit bei Geltendmachung von Insolvenzgeld ist dabei nur vorläufig. Wird die Gewährung von Insolvenzgeld abgelehnt, fällt der Anspruch an den Arbeitnehmer zurück und muss von ihm selbst geltend gemacht werden.[8] Problematisch ist dabei aber, dass dann möglicherweise die Anmeldefristen im Insolvenzverfahren bereits abgelaufen sein können.

 

Rz. 9

Die Ansprüche dürfen dabei zur Zeit der Verfahrenseröffnung noch nicht verfallen sein.[9] Ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gelten dagegen die tariflichen Ausschlussfristen für die Ansprüche der Arbeitnehmer nicht mehr.[10]

[4] Schmidt/Uhlenbruck/Moll, S. 359 f.; Schulte-Kaubrügger, DZWIR 2000, 426 f.
[6] LAG Hamm v. 23.9.1999 – 4 Sa 1007/98, ZIP 2000, 246, dazu EWiR 2000, 923 (Plagemann).
[7] Förster, ZInsO 2000, 266.
[8] LAG Düsseldorf v. 17.5.1999 – 18/16 Sa 194/99, ZInsO 1999, 601; LAG Hamm v. 23.9.1999 – 4 Sa 1007/98, ZInsO 1999, 659 = ZIP 2000, 246 und LAG Hamm v. 17.2.2000 – 4 Sa 1137/99, ZInsO 2000, 468.

2. Nichtangemeldete Forderungen nach Aufhebung des Insolvenzverfahren nach Bestätigung eines Insolvenzplans

 

Rz. 10

Das BAG hat mit Urteil vom 12.9.2013 entschieden: Gläubiger sind als "Nachzügler" mit Forderungen, die bei rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans unbekannt waren, nach dem gesetzlichen Regelungskonzept der §§ 254 ff. InsO nicht ausgeschlossen. Die Insolvenzordnung sieht nicht vor, dass Ansprüche, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet wurden, nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht werden können. "Nachzügler" müssen ihre Forderungen jedoch zunächst rechtskräftig durch das Prozessgericht feststellen lassen, bevor sie ihre Ansprüche im Weg der Leistungsklage gegenüber dem Schuldner durchsetzen können. Der Senat lässt offen, ob der gewillkürte vollständige Ausschluss unbekannter Forderungen in einem Insolvenzplan mit Blick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG wirksam ist.[11]

 

Rz. 11

Das BAG hat zum Anspruch auf Insolvenzplanquote trotz Ausschlusses von der ­Verteilung wegen Versäumung der Klagefrist entschieden:[12] Eine Klausel in einem Insolvenzplan, die vorsieht, dass Gläubiger, die ihre Forderung angemeldet, aber nach Bestreiten innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Monat nach Bestandskraft des den Insolvenzplan bestätigenden Beschlusses des Amtsgerichts nicht im Klagewege weiterverfolgt haben, bei der Verteilung analog § 189 InsO nicht berücksichtigt werden, lässt den Anspruch der Insolvenzgläubiger materiell-rechtlich unberührt, wenn die Frist versäumt wird. Eine solche Klausel begegnet darum keinen rechtlichen Bedenken. Es bleibt den Insolvenzgläubigern, die die Frist versäumt haben, unbenommen, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Planquote mit einer Leistungsklage gegenüber dem Schuldner durchzusetzen.

3. Zeitguthaben

 

Rz. 12

Nach Auffassung des BSG[13] besteht kein Anspruch auf Insolvenzgeld bei Arbeitszeitguthaben aufgrund vor dem Insolvenzgeld-Zeitraum geleisteter Vorarbeitsstunden. Es begründen nur solche Ansprüche auf Arbeitsentgelt einen Anspruch auf Insolvenzgeld, die für den Insolvenzgeld-Zeitraum (siehe Rdn 227 ff.) zu erbringen sind.

 

Rz. 13

Offene Ansprüche auf Zahlung des laufenden Arbeitslohns sind grundsätzlich dem Zeitraum zuzuordnen, in dem die Arbeit als Gegenleistung für den Entgelta...

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