Rz. 58

Der Betriebsrat ist nicht zuständig für Organvertreter gemäß § 5 Abs. 2 BetrVG und für leitende Angestellte gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG. Leitende Angestellte und nicht bestimmende GmbH-Geschäftsführer sind allerdings Arbeitnehmer i.S.d. § 17 Abs. 1 KSchG, so dass sich die Frage stellt, ob und auf welche Weise diese Personengruppen in ein Konsultationsverfahren einzubeziehen sind.

 

Rz. 59

Leitende Angestellte unterfallen der Zuständigkeit des Sprecherausschusses gemäß § 25 Abs. 1 SprAuG. Ein § 17 KSchG entsprechendes Beteiligungsrecht sieht das SprAuG jedoch nicht vor. Um die praktische Wirksamkeit der Richtlinie auch für diesen Personenkreis zu gewährleisten, liegt es deshalb nahe, § 17 Abs. 2 KSchG unionsrechtskonform ­dahingehend auszulegen, dass unter dem Begriff des "Betriebsrats" der von der Richtlinie verwandte allgemeinere Begriff der "Arbeitnehmervertretung" zu verstehen ist. Art. 2 der Richtlinie spricht allgemein von der "Arbeitnehmervertretung". Art. 1 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie verweist auf die Arbeitnehmervertretung nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates. Eine Ausnahme von der Konsultationspflicht sieht die Richtlinie für leitende Angestellte nicht vor. Unterstellt man grundsätzlich einen gesetzgeberischen Willen zu richtlinienkonformer Umsetzung,[135] so kann eine rechtsfortbildende Auslegung auch gegen den vermeintlich eindeutigen Wortlaut erfolgen.[136] Für leitende Angestellte ist deshalb das Konsultationsverfahren mit dem Sprecherausschuss durchzuführen.[137] Nach anderer Auffassung handelt es sich bei der Zuweisung der Beratungskompetenz an den Betriebsrat in § 17 Abs. 2 KSchG um eine von den allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeiten abweichende eigenständige Zuständigkeit des Betriebsrats, die die Zuständigkeit auch für Arbeitnehmer i.S.v. § 5 Abs. 3 KSchG umfasst.[138]

 

Rz. 60

 

Hinweis

Werden Arbeitnehmer unzutreffend als leitende Angestellte behandelt und deshalb nicht in das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat einbezogen, führt dieser Fehler im Konsultationsverfahren zur Unwirksamkeit der Kündigung der betroffenen Arbeitnehmer.

 

Rz. 61

Für GmbH-Geschäftsführer, die als Arbeitnehmer dem Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2 KSchG unterfallen, ist ein Konsultationsverfahren nicht durchzuführen, da es keine für sie zuständige Arbeitnehmervertretung nach nationalem Recht gibt;[139] teilweise wird dennoch eine Zuständigkeit des Sprecherausschusses angenommen.[140]

[137] EUArbR/Spelge, RL 98/59/EG, Art. 1 Rn 75; KR/Weigand, § 17 Rn 88; HWK/Molkenbur, § 17 KSchG Rn 19.
[138] APS/Moll, § 17 KSchG Rn 57.
[139] ErfK/Kiel, § 17 KSchG Rn 36; Lunk/Hildebrand, NZA 2016, 129, 133; Morgenrodt, ZESAR 2017, 17.
[140] Forst, EuZW 2015, 664.

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