Rz. 221

Vermögensdelikte zum Nachteil des Arbeitgebers können regelmäßig eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Der damit verbundene Vertrauensbruch wird einer weiteren Zusammenarbeit in den meisten Fällen entgegenstehen. Dies gilt auch bei "Bagatellfällen". So hat das BAG in seiner "Emmely-Entscheidung" ausgeführt, dass die Festlegung einer nach dem Wert bestimmten Relevanzschwelle mit dem offen gestalteten Tatbestand des § 626 Abs. 1 BGB nicht zu vereinbaren sei.[561] Ein Arbeitnehmer, der die Integrität von Eigentum und Vermögen seines Arbeitgebers vorsätzlich und rechtswidrig verletzte, zeige ein Verhalten, das geeignet sei, die Zumutbarkeit seiner Weiterbeschäftigung infrage zu stellen.[562] Vermögensdelikte zulasten des Arbeitgebers können damit auch dann eine Kündigung rechtfertigen, wenn die Pflichtverletzung Sachen von nur geringem Wert betrifft. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist, muss auf die konkreten Umstände des Einzelfalls abgestellt werden. Zum einen sind der Grad des Verschuldens, eine mögliche Wiederholungsgefahr und die Höhe des Schadens für den Arbeitgeber zu berücksichtigen, zum anderen sind die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf zu beachten. Ebenfalls ausschlaggebend ist, ob die Tätigkeit des Arbeitnehmers mit einer besonderen Verantwortlichkeit verbunden war oder die Straftat nur "bei Gelegenheit" begangen wurde. Bei fehlender Wiederholungsgefahr und fehlender Schädigung des Arbeitgebers kann eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ausgeschlossen sein.[563] Das Erfordernis zu prüfen, ob nicht schon eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich durch Straftaten gegen Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers. Der 2. Senat des BAG hat in seiner "Emmely-Entscheidung" betont, dass es auch in diesem Bereich keine "absoluten" Kündigungsgründe gibt. Ob eine unmittelbar gegen Vermögensinteressen des Arbeitgebers gerichtete, ggf. sogar strafbare Handlung des Arbeitnehmers die fristlose Kündigung nach § 626 BGB im Ergebnis rechtfertigt, bedarf mithin stets einer umfassenden, auf den Einzelfall bezogenen Prüfung und Interessenabwägung.[564]

[563] BAG v. 10.6.2010, NJW 2011, 167; vgl. zur strengen Linie des BAG bei Vermögensdelikten zulasten des Arbeitgebers BAG v. 21.6.2012, NZA 2012, 1025: Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.

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