Rz. 103

Nach § 1 Abs. 2 S. 3 Hs. 1 KSchG ist die Kündigung auch sozialwidrig, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber ist zur Abwendung der Kündigung durch Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen nur dann verpflichtet, wenn bei Ausspruch der Kündigung ein entsprechender anderweitiger Arbeitsplatz frei (dazu Rdn 95) oder mit hinreichender Sicherheit voraussehbar ist, dass nach Abschluss der Maßnahme eine Beschäftigungsmöglichkeit aufgrund der durch die Fortbildung oder Umschulung erworbenen Qualifikation besteht. Die Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme muss für den Arbeitgeber zumutbar sein. Dies hängt vor allem von der Erfolgsaussicht der Maßnahme und von der bisherigen sowie der noch zu erwartenden Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers ab.[244]

 

Rz. 104

Welche Dauer der Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme dem Arbeitgeber zugemutet werden kann, ist höchstrichterlich nicht entschieden. Als normativer Anhaltspunkt für die Höchstdauer der Maßnahme soll sich die längste gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 BGB (sieben Monate) anbieten.[245] In der Praxis der ArbG wird als Faustformel i.d.R. eine maximale Schulungsdauer von drei Monaten angenommen. Bei einem seit vier Jahren beschäftigten Arbeitnehmer kann nach der Rechtsprechung des BAG eine Umschulung von zweimonatiger Dauer durchaus zumutbar sein.[246]

[244] BAG v. 10.11.1994, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77.
[245] So Bitter/Kiel, RdA 1994, 344; Stahlhacke/Preis/Vossen/Preis, Rn 1002; Ascheid/Preis/Schmidt/Kiel, § 1 KSchG Rn 620.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge