Rz. 204

Kündigungsfristen und -termine gehören begrifflich zur ordentlichen Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung ist zwar regelmäßig fristlos, muss es aber nicht notwendig sein. Sie kann auch mit einer sog. sozialen Auslauffrist ausgesprochen werden, bei der weder die gesetzlichen noch die tariflichen Kündigungsfristen und -termine zu beachten sind, sondern Frist und Termin frei gewählt werden können (BAG v. 16.7.1959, AP Nr. 31 § 626 BGB m. Anm. A. Hueck; BAG v. 13.1.1982, NJW 1983, 303).

 

Rz. 205

Bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung sind dagegen stets die jeweils maßgeblichen Kündigungsfristen und -termine zu beachten. Diese können sich aus dem Gesetz, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und einzelvertraglichen Regelungen ergeben. Die Berechnung der Kündigungsfristen richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen der §§ 187, 188 BGB. Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung der Kündigungsfristen von Arbeitern und Angestellten (Kündigungsfristengesetz – KündFG) v. 7.10.1993 (BGBl I, 1668) am 15.10.1993 sind nicht erst bei den sog. verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB, sondern schon bei den Grundkündigungsfristen des § 622 Abs. 1 BGB Kündigungstermine zu beachten.

 

Rz. 206

Mit Inkrafttreten des KündFG sind die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte (Arbeitnehmer) sowie für Arbeitnehmer in den alten und in den neuen Bundesländern vereinheitlicht worden. Damit ist der frühere verfassungswidrige Zustand (s. dazu BVerfG v. 30.5.1990 – 1 BvL 2/83, NJW 1990, 2246 = NZA 1990, 721), der unterschiedliche gesetzliche Kündigungsfristen für Arbeiter und Angestellte vorsah, beseitigt worden. Das KündFG griff nicht die vom BVerfG (30.5.1990 – 1 BvL 2/83, NZA 1990, 721 = NJW 1990, 2246) als denkbar bezeichnete Möglichkeit auf, eine Differenzierung der Kündigungsfristen nach anderen gruppenspezifischen Kriterien als nach dem Status Arbeiter/Angestellter vorzunehmen. Eine Differenzierung nach beruflicher Qualifikation oder nach betrieblichen Tätigkeitsbereichen erschien dem Gesetzgeber unpraktikabel. Es sind weder die früheren Angestelltenregelungen noch die früheren Arbeiterregelungen in die Neuregelung übernommen worden. Das KündFG orientiert sich vielmehr auf einem mittleren Niveau zwischen den früher geltenden Regelungen für Angestellte und Arbeiter.

I. Kündigungsfristen

 

Rz. 207

Die Kündigungsfrist ist der Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigung und dem Zeitpunkt, zu dem sie wirksam wird. Der Sinn und Zweck dieser Frist ist u.a., dem Arbeitnehmer Gelegenheit zu geben, innerhalb dieses Zeitraumes einen neuen Arbeitsplatz zu finden oder sich gegen die Kündigung zur Wehr zu setzen.

 

Rz. 208

Kündigungsfristen zählen zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen, die gem. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 NachwG dem Arbeitnehmer – neben den anderen in § 2 Abs. 1 NachwG genannten Angaben – schriftlich mitzuteilen sind.

1. Grundkündigungsfristen

 

Rz. 209

Nach § 622 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers (Arbeiters oder Angestellten) mit einer Frist von vier Wochen

zum 15. oder
zum Ende eines Kalendermonates

gekündigt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Fünfzehnte oder der letzte Tag eines Monates ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist.

 

Rz. 210

 

Hinweis

Die Grundkündigungsfrist von vier Wochen zum Fünfzehnten des Monates oder zum Monatsletzten gilt sowohl für die arbeitnehmerseitige als auch für die arbeitgeberseitige Kündigung.

 

Rz. 211

Die Kündigungsfrist beginnt an dem Tag, der auf den Tag des Zuganges der Kündigung folgt (§ 187 Abs. 1 BGB), sie endet mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tage entspricht, an dem die Kündigung zugegangen ist (§ 188 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 212

 

Beispiel:

Ist der 15. oder der Monatsletzte z.B. ein Donnerstag, so muss die Kündigung dem Kündigungsempfänger spätestens an dem Donnerstag zugegangen sein, der vier Wochen zurückliegt.

 

Rz. 213

Fällt der letzte Tag, an dem die Kündigung zugegangen sein muss, auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag, führt das nicht dazu, dass die Kündigung in entsprechender Anwendung des § 193 BGB noch am folgenden Werktag erklärt werden kann. Die Kündigungsfrist muss dem Arbeitnehmer voll erhalten bleiben. § 193 BGB ist bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Das gilt unabhängig davon, wie lang die Kündigungsfrist ist und ob sie auf Gesetz, Kollektivvertrag oder Einzelvereinbarung beruht (BAG v. 5.3.1970 – 2 AZR 112/69, BB 1970, 755 = DB 1970, 1134). Andererseits heißt dies nicht, dass eine Kündigungserklärung nicht an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag zugehen darf.

 

Rz. 214

I.Ü. ist jedoch zu beachten, dass es am Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag Zugangsprobleme geben kann. Nach der Verkehrsanschauung ist von einem Arbeitnehmer nicht zu erwarten, dass er nach den allgemeinen Postzustellungszeiten seinen Wohnungsbriefkasten nochmals überprüft. Wird ein Kündigungsschreiben erst erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzust...

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