Rz. 163

§ 103 Abs. 1 BetrVG bestimmt, dass die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrates, des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern der Zustimmung des Betriebsrates bedarf. Dies gilt jedoch nur während der Amtszeit dieser Personen. Im Gegensatz zu § 15 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 und Abs. 3a S. 2 KSchG, die den nachwirkenden Kündigungsschutz für ordentliche Kündigungen regeln, entfaltet § 103 BetrVG nach Beendigung des Amtes keinen Schutz (BAG v. 27.9.2012 – 2 AZR 955/11, Rn 17).

 

Rz. 164

Scheidet ein Betriebsratsmitglied während des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 103 BetrVG aufgrund einer Neuwahl aus, ist für die außerordentliche Kündigung keine erneute Zustimmung des (neuen) Betriebsrates erforderlich (BAG v. 8.6.2000 – 2 AZN 276/00, NZA 2000, 899). Es besteht nur noch nachwirkender Kündigungsschutz. Für die außerordentliche Kündigung nach Ablauf der Amtszeit ist daher nicht mehr die Zustimmung des Betriebsrates erforderlich. Der Arbeitgeber kann und muss dann wegen § 626 Abs. 2 BGB unverzüglich kündigen. Eine erneute Anhörung des (neuen) Betriebsrates gem. § 102 Abs. 1 BetrVG ist nicht erforderlich und möglicherweise sogar verfehlt, wenn es dadurch zu einer Verzögerung der unverzüglich auszusprechenden Kündigung kommt (BAG v. 8.6.2000 – 2 AZN 276/00, NZA 2000, 899).

 

Rz. 165

Auch auf die Mitglieder der Schwerbehinderten- und Gesamtschwerbehindertenvertretung (vgl. § 179 Abs. 3 SGB IX vor dem 1.1.2018: § 96 Abs. 3 SGB IX) und die Wahlbewerber für diese Ämter (vgl. § 177 Abs. 6 SGB IX vor dem 1.1.2018: § 94 Abs. 6 S. 2 SGB IX) findet § 103 BetrVG (ebenso wie §§ 15, 16 KSchG) Anwendung (Fitting, BetrVG, § 103 Rn 6; Richardi/Thüsing, BetrVG, § 103 Rn 11, 12). § 29a HAG erstreckt den Kündigungsschutz des § 103 BetrVG auch auf die in Heimarbeit Beschäftigten.

 

Rz. 166

Die darüber hinaus in § 78 BetrVG genannten Personen genießen lediglich einen relativen Kündigungsschutz, wenn die Kündigung wegen ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Tätigkeit erfolgt. Ist dies der Fall, ist die Kündigung nicht nur sozial ungerechtfertigt nach § 1 KSchG, sondern verstößt auch gegen das gesetzliche Verbot des § 78 BetrVG und ist daher nach § 134 BGB nichtig (BAG v. 22.2.1979, DB 1979, 1659; DKKW/Kittner, BetrVG, § 103 Rn 12).

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