Rz. 1

Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB), Abwesenheitspfleger (§ 1911 BGB),[1] Pfleger für eine Leibesfrucht (§ 1912 BGB), Pfleger für unbekannte Beteiligte (§ 1913 BGB), Pfleger für gesammeltes Vermögen (§ 1914 BGB) sowie die Besonderen Vertreter für Grundstückssachen (siehe § 24) haben ebenfalls über §§ 1915 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 1833 BGB für Pflichtverletzungen in ihrem Verwaltungsbereich einzustehen.

 

Rz. 2

Problematisch ist allerdings die Haftung des Verfahrenspflegers. Grundsätzlich kann auch der Verfahrenspfleger nach § 1833 BGB haften. Der Verfahrenspfleger ist dem Betroffenen für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. Sind für den Schaden mehrere nebeneinander verantwortlich (z.B. Betreuer/Pfleger neben Verfahrenspfleger), so haften sie als Gesamtschuldner.

Die Vorschrift trägt dem besonderen Schutzbedürfnis des Betroffenen Rechnung durch Gewährung eines familienrechtlichen Anspruchs eigener Art.[2]

 

Rz. 3

Die Haftung beginnt mit der Bestellung und endet regelmäßig mit dem Ende der Pflegschaft. Der Verfahrenspfleger ist zur treuen und gewissenhaften Amtsführung verpflichtet. Eine Verletzung dieses Gebots kann Pflichtverletzung nach § 1833 BGB sein.

 

Rz. 4

Der Verfahrenspfleger haftet für Vorsatz und Fahrlässigkeit nach § 276 BGB.

Der Anspruch aus § 1833 BGB verjährt in drei Jahren nach Wegfall eventueller Hemmungsgründe (§§ 195, 207 Abs. 1 BGB). Die früher bestehende 30-jährige Verjährung für familien- und erbrechtliche Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB a.F.) wurde 2009 aufgehoben.[3]

 

Rz. 5

In der Praxis könnte ein Haftungsproblem auftreten, wenn ein zum Verfahrenspfleger bestellter Rechtsanwalt eine Pflichtverletzung bei der Prüfung eines zu genehmigenden Rechtsgeschäfts (z.B. Grundstückskaufvertrag) im Rahmen einer Nachlasspflegschaft oder sonstigen Pflegschaft begeht. Entscheidend ist mithin der Pflichtenkreis des Verfahrenspflegers. Zuvor soll jedoch das Haftungsproblem für einen Betreuer dargestellt werden.

 

Rz. 6

Der BGH hat sich in seiner Entscheidung vom 22.7.2009[4] sowohl zu den Pflichten eines Betreuers im Rahmen von Grundstückverkäufen als auch zu den Pflichten eines im selben Verfahren bestellten Verfahrenspflegers geäußert.

Der BGH hat zum Betreuer ausgeführt:

Zitat

"Gemäß § 1901 II 1 BGB hat der Betreuer die Angelegenheiten des Betreuten so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Zum Wohl des Betreuten gehört nach § 1901 II 2 BGB auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen und Wünschen zu gestalten. Gemäß § 1901 III 1 BGB hat der Betreuer den Wünschen des Betreuten zu entsprechen, soweit dies dessen Wohl nicht zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist bislang nicht geklärt, unter welchen Voraussetzungen sich der Betreuer in Fällen, in denen die Wünsche des Betreuten seinem objektiven Wohl widersprechen, über den Willen des Betreuten hinwegsetzen kann und muss. Lediglich in einer Entscheidung, die die Haftung des Betreuers gegenüber dem Vertragspartner des Betreuten zum Gegenstand hatte, hat der BGH ausgeführt, dass sich der Betreuer bei der Bewältigung von Konflikten zwischen den Neigungen und Wünschen des Betreuten einerseits sowie dessen Wohl andererseits allein vom wohlverstandenen Interesse des Betreuten leiten zu lassen habe (BGH, NJW 1995,1213 = FamRZ 1995, 282). Der Begriff des wohlverstandenen Interesses wird in dieser Entscheidung allerdings nicht näher konkretisiert."

 

Rz. 7

Wann objektive Kriterien gegenüber den Wünschen des Betreuten ausnahmsweise vorrangig sind, wird nicht einheitlich beantwortet.[5]

Der BGH führt hierzu aus:

Zitat

"Nach Auffassung des Senats darf der Begriff des Wohls des Betreuten i.S. des § 1901 II und § 1901 III BGB nicht losgelöst von seinen subjektiven Vorstellungen und Wünschen bestimmt werden (...). Denn gem. § 1901 II 2 BGB gehört zum Wohl des Betreuten auch die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fähigkeiten sein Leben nach seinen eigenen Wünschen und Vorstellungen zu gestalten. Folglich läuft ein Wunsch nicht bereits dann i.S. des § 1901 III 1 BGB dem Wohl des Betreuten zuwider, wenn er dessen objektivem Interesse widerspricht. Vielmehr entsteht ein beachtlicher Gegensatz zwischen Wohl und Wille des Betreuten erst dann, wenn die Erfüllung der Wünsche höherrangige Rechtsgüter des Betreuten gefährden oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlechtern würde (...). Entsprechend erfordert es das verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsrecht des Betreuten (...), dass der Betreuer einen Wunsch des Betreuten nicht wegen Vermögensgefährdung ablehnen darf, solange dieser sich von seinen Einkünften und aus seinem Vermögen voraussichtlich bis zu seinem Tod wird unterhalten können (...). Selbst wenn durch die Erfüllung der Wünsche des Betreuten dessen Vermögen – den Interessen seiner Erben zuwider – erheblich geschmälert wird, ist der Wunsch in diesem Fall zu respektieren."

F...

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