Rz. 20

Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 19.5.2010 (BGBl I 2010, 639) legt die Grundsätze zur Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken fest. Sie findet überall dort Anwendung, wo der Marktwert von Grundstücken oder Immobilien zu ermitteln ist.

Sie unterscheidet

(1) Vergleichswertverfahren,
(2) Ertragswertverfahren,
(3) Sachwertverfahren.
 

Rz. 21

Am häufigsten werden Sachwert- und Ertragswertmethode angewandt. Für eigengenutzte Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen dürfte im Regelfall die Sachwertmethode zum richtigen Ergebnis führen, bei Mietshäusern die Ertragswertmethode, weil es dabei für einen Interessenten auf die Verzinsung seines Kapitaleinsatzes ankommt.[29] Aber auch Mischwerte aus Ertragswert und Sachwert kommen in Betracht.[30]

Letztlich ist es im Prozess Aufgabe des Tatsachenrichters, die maßgebende Methode bzw. den verbindlichen Wert festzustellen. Wird ein Grundstück zeitnah zum Erbfall veräußert, so ist der Verkaufserlös maßgebend.[31]

 

Rz. 22

Dazu der BGH im Urt. v. 2.7.2004:[32]

Zitat

"Die Auswahl der geeigneten Wertermittlungsmethode steht nach der Rechtsprechung, wenn das Gesetz nicht, wie in § 1376 Abs. 4 BGB (Wert eines landwirtschaftlichen Betriebs im Zugewinnausgleich), die Anwendung eines bestimmten Verfahrens anordnet, im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters (BGHZ 17, 236, 238; Urt. v. 26.4.1972, IV ZR 114/70, WM 1972, 687, 688; v. 25.10.1996, V ZR 212/95, WM 1997, 33 = NJW 1997, 129). In den vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidungen hat der Senat die Anwendung der Ertragswertmethode auf die dort zu beurteilenden, auf laufende Ertragserzielung eingerichteten Objekte für unbedenklich erachtet (Urt. v. 25.10.1996, V ZR 212/95, a.a.O.; v. 12.1.2001, V ZR 420/99, WM 2001, 997 = NJW-RR 2001, 732, hier in Kombination mit dem Sachwertverfahren). Wie auch in anderen Fällen, in denen die Bemessung nach Vergleichswerten, Sachwerten oder dem Ertrag rechtlich zu keinen Beanstandungen geführt hat (Urt. v. 13.7.1970, VII ZR 189/68, NJW 1970, 2018; v. 6.4.1995, III ZR 27/94, NJW-RR 1995, 911, 912; Senat, Urt. v. 12.1.1996, V ZR 289/94, NJW 1996, 1204), hat der Bundesgerichtshof die Tatsacheninstanzen aber nicht auf eine bestimmte, etwa die in den entschiedenen Fällen angewandte, Wertermittlungsmethode festgelegt. Der Senat ist in der Entscheidung vom 12.1.2001 davon ausgegangen, daß die Wertermittlungsverordnung 1988 (WertV 1988) über die Zwecke des Baugesetzbuches hinaus allgemein anerkannte Grundsätze der Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken enthalte. Die von der Wertermittlungsverordnung aufgegriffenen Ermittlungsmethoden sind nach der Wertung des Verordnungsgebers grundsätzlich gleichrangig (Amtl. Begründung zu § 6 WertV 88, BR-Drucks 352/88, S. 43; Senatsurt. v. 15.6.1965, V ZR 24/63, BB 1965, 890; zum "Vorrang" des Vergleichswertverfahrens aufgrund seiner Plausibilität vgl. BVerwG, Entscheidungssammlung zum Grundstücksmarkt und Grundstückswert, EzGuG, 20.38; zum Vorzug bei der steuerlichen Bewertung BFH EzGuG, 20.99). Sie können unter Beachtung der Grundsätze eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens (§§ 1 ff. WertV 88) bei fachgerechter Erhebung der erforderlichen Daten (§§ 8 ff. WertV 88) einzeln oder kombiniert angewandt werden (§ 7 Abs. 1 WertV 88). Keine der Schätzmethoden verdrängt bei bestimmten Bewertungsgegenständen, etwa bei Renditeobjekten die Ertragswertmethode, von vornherein die anderen Ermittlungsverfahren. Die Methodenwahl ist nach der Art des Gegenstandes unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und sonstiger Umstände des Einzelfalles zu treffen; sie ist zu begründen (§ 7 Abs. 2 WertV 88)."

 

Rz. 23

Ist der Verkehrswert eines Grundstücks nur durch seine Veräußerung zu realisieren, so sind latente Einkommensteuerbelastungen, die bei einer Veräußerung anfallen, zu berücksichtigen (beispielsweise die auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuern bei bilanzierten Immobilien).[33]

[29] BGH NJW 1970, 2018.
[30] Zur Ertragswertmethode in Kombination mit dem Sachwertverfahren: BGH WM 2001, 997 = NJW-RR 2001, 732.
[31] BGH NJW-RR 1991, 900; FamRZ 1993, 698.
[32] NJW 2004, 2671 = BGHReport 2004, 1402 = ZAP EN-Nr. 676/2004 = DNotI-Report 2004, 192.
[33] BGH NJW 1987, 1260; FamRZ 1989, 1276, 1279; FamRZ 1991, 43; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 1 Rn 296; Schröder, Bewertungen im Zugewinnausgleich, Rn 74.

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