Rz. 103

Schwierigkeiten bereitet dagegen die Ermittlung des Anspruches wegen eines Minderwertes. Das beginnt schon mit der Frage, welche Sollbeschaffenheit das Fahrzeug bei Rückgabe aufzuweisen hat. Üblicherweise wird vereinbart, dass sich das Fahrzeug in einem unveränderten, dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden, verkehrs- und betriebssicheren Erhaltungszustand befinden muss und keine Schäden und Mängel aufweisen darf. Zusätzlich wird klargestellt, dass normale Verschleißspuren nicht als Schaden gelten.

Der BGH hat eine solche Zustandsklausel, die den Muster-Leasing-AGB des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie entspricht, wiederholt unbeanstandet gelassen.[166] Bedenken gegen ihre Wirksamkeit wegen mangelnder Transparenz werden heute auch von den Instanzengerichten nicht mehr erhoben. Mit einer Verwerfung der Zustandsklausel wäre den Parteien auch nicht geholfen, denn die Schwierigkeit besteht schlicht darin, in jedem Einzelfall erneut die Grenze zwischen einem dem Alter und der Fahrleistung entsprechenden – also vertragsgemäßen – Zustand auf der einen Seite sowie Mängeln bzw. Schäden – und damit nichtvertragsgemäßen – Zustand auf der anderen Seite zu ziehen.

 

Rz. 104

Obgleich die Rechtsprechung in vielen Einzelfragen ein uneinheitliches Bild zeichnet, lassen sich doch folgende Leitlinien zusammenfassen:

Zu den normalen Gebrauchsspuren, die durch die Leasingraten abgegolten werden, gehören nicht nur solche, die durch das Fahren entstehen. Auch äußere Einwirkungen auf das Fahrzeug im Zusammenhang mit seiner Benutzung im fließenden und ruhenden Verkehr sind üblich, wie z.B. kleine Steinschlagspuren auf der Windschutzscheibe, Schrammen und Kratzer in der Nähe des Tankdeckels und an den Tür- und Kofferraumgriffen.[167]
Die Formulierung "frei von Schäden" ist nicht dahin auszulegen, dass der Leasingnehmer nur für solche Schäden haftet, die durch einen vertragswidrigen Gebrauch entstanden sind. Aufgrund der Übernahme der Sachgefahr hat der Leasingnehmer völlig unabhängig von der Art des Gebrauchs für alle Schäden des Fahrzeugs aufzukommen, auch soweit sie auf Zufall und höherer Gewalt beruhen. Gleiches gilt, wenn der Mangel schon bei Gefahrübergang auf den Leasingnehmer vorhanden war.[168]
Teile, die dem Verschleiß unterliegen wie Reifen oder Bremsbeläge, sind mangelhaft, wenn dadurch die Verkehrs- oder Betriebssicherheit des Fahrzeugs gefährdet wird.
Maßgeblich für die Bestimmung der Sollbeschaffenheit ist die tatsächliche und nicht die vereinbarte Laufleistung, da die höhere oder geringere Abnutzung durch die Mehr- bzw. Minderkilometer gesondert abgerechnet wird.[169]
[167] Reinking/Eggert, L 654.
[168] Etwas anderes gilt freilich, wenn die Freizeichnung des Leasinggebers im Rahmen der leasingtypischen Abtretungskonstruktion nicht wirksam gewesen sein sollte und deshalb die subsidiäre mietvertragliche Haftung des Leasinggebers wieder auflebt, vgl. OLG Nürnberg-Fürth v. 9.9.2011 – 10 O 6423/10, n.v.
[169] Reinking/Eggert, L 654; vgl. auch OLG Dresden v. 9.2.2007 – 8 U 2197/06, juris Rn 9 für den Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung.

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