Rz. 56

Zu beachten ist zunächst die Rügeobliegenheit des § 377 HGB, die den Leasinggeber als Käufer auch dann verpflichtet, die Sache nach Ablieferung unverzüglich zu prüfen und einen Mangel anzuzeigen, wenn der Lieferant die Sache auf Anweisung des Leasinggebers an einen nichtkaufmännischen Dritten, den Leasingnehmer, abliefert. Der Leasinggeber bedient sich bei Erfüllung seiner Rügeobliegenheit des Leasingnehmers als Erfüllungshilfen. Wird die Rügeobliegenheit verletzt, weil etwa der Leasingnehmer den Mangel nach Entdeckung nicht unverzüglich anzeigt, ist der Leasingnehmer mit der Geltendmachung der an ihn abgetretenen kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen.[85]

Sofern die Voraussetzungen eines Ausschlusses nach § 377 HGB nicht vorliegen, richten sich die Auswirkungen von Sach- und Rechtsmängeln auf den Leasingvertrag nach der Art der vom Käufer geltend gemachten Ansprüche und Rechte. Der Leasingnehmer kann vom Verkäufer zunächst gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB Nacherfüllung in Form der Beseitigung des Mangels oder einer Ersatzlieferung vom Lieferanten verlangen. Erst wenn die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist, kann er zu einem der in § 437 Nr. 2, 3 BGB vorgesehenen Sekundärrechte (Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz statt der Leistung) übergehen und für den Fall, dass der Lieferant eine Geltendmachung dieser Rechte nicht akzeptiert, die daraus resultierenden Ansprüche einklagen.

[85] BGH v. 24.1.1990 – VIII ZR 22/89, NJW 1990, 1290, 1291 ff.; LG Köln v. 31.5.2017 – 32 O 191/16, BeckRS 2017, 121955, Rn 31; OLG Hamm v. 10.12.2019 – 13 U 86/18, BeckRS 2019, 35115, Rn 188 ff.

aa) Anspruch auf Mangelbeseitigung, § 439 Abs. 1 Alt. 1 BGB

 

Rz. 57

Die in der Praxis üblichen Bedingungen sehen keine Auswirkungen auf den Leasingvertrag vor, wenn der Leasingnehmer Nacherfüllung in der Variante der Mangelbeseitigung geltend macht. Das ist im Ergebnis jedenfalls deshalb AGB-rechtlich unbedenklich, weil der Leasingnehmer im Falle der Weigerung des Verkäufers, den Mangel zu beheben, zu den Sekundärrechten übergehen kann, und hierdurch, wie nachfolgend ausgeführt wird, seine Interessen auch gegenüber dem Leasinggeber ausreichend wahren kann.

bb) Anspruch auf Ersatzlieferung, § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB

 

Rz. 58

Ähnlich eindeutig wie für den Anspruch auf Mangelbeseitigung ist die Rechtslage für den durch die Schuldrechtsmodernisierung neu hinzugekommenen Primäranspruch auf Ersatzlieferung gem. § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB nicht. Für den Fall, dass der Lieferant eine Ersatzlieferung vornimmt, sehen die Leasingverträge regelmäßig vor, dass sich der Vertrag an dem ersatzweise gelieferten Gegenstand fortsetzt, sofern der neue Ersatzgegenstand gegenüber dem bisherigen Gegenstand (mindestens) gleichwertig ist. Da dem Lieferanten gegen den Leasinggeber als Käufer in Ansehung des bisherigen Gegenstands ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. §§ 439 Abs. 5, 346 BGB zusteht,[86] gefährdet allerdings eine Ersatzlieferung die Vollamortisation des Leasinggebers. Im Hinblick darauf wird diskutiert, wie der Leasinggeber eine Amortisationslücke vermeiden bzw. schließen kann.[87]

 

Rz. 59

Eine Vereinbarung im Leasingvertrag, wonach der Leasinggeber berechtigt ist, mit dem Lieferanten eine Beschränkung des Nacherfüllungsanspruchs zu vereinbaren, dürfte zur Unwirksamkeit der leasingtypischen Abtretungskonstruktion führen, weil der Leasinggeber nach der Rechtsprechung des BGH die (gesetzlich verfügbaren) Gewährleistungs- und Garantieansprüche unbedingt und ohne Einschränkung auf den Leasingnehmer zu übertragen hat. In der Praxis haben sich daher verschiedene andere Regelungsmodelle etabliert, mit denen das Problem gelöst werden soll; gegen alle werden mehr oder weniger gewichtige AGB-rechtliche Bedenken geäußert. Am überzeugendsten erscheint der Vorschlag von Reinking,[88] für den Fall der Ersatzlieferung zu vereinbaren, dass der Leasingvertrag erst mit der Überlassung des ersatzweise gelieferten Leasingguts in Vollzug gesetzt wird, so dass der Leasingnehmer bis zu diesem Zeitpunkt lediglich verpflichtet ist, eine Nutzungsentschädigung zu zahlen, welche aber auf die bereits geleisteten Leasingraten anzurechnen ist.

[86] Wäre der Leasingnehmer Käufer gewesen bzw. geblieben, schuldete er dem Verkäufer keinen Nutzungsersatz, § 475 Abs. 3 S. 1 BGB.
[87] Übersichten zum Meinungsstand finden sich u.a. bei v. Westphalen/v. Westphalen, Kap. I 42 ff., und Reinking, in: Dauner-Lieb/Langen, Anh. II zu §§ 535–580a: Leasing Rn 131 ff.
[88] Reinking, ZGS 2002, 229, 232.

cc) Recht zur Minderung, §§ 437 Nr. 2, 441 BGB

 

Rz. 60

Macht der Leasingnehmer gegenüber dem Verkäufer von seinem Recht zur Minderung Gebrauch, reduziert sich der vom Leasinggeber gezahlte Kaufpreis nach Maßgabe des § 441 BGB. Diesem Umstand hat der Leasinggeber durch eine Anpassung des Leasingvertrages gem. § 313 Abs. 1 BGB Rechnung zu tragen, indem er auf der Grundlage des geminderten Kaufpreises die Leasingraten neu berechnet[89] und eine danach in der Vergangenheit eingetretene Überzahlung an den Leasingnehmer erstattet. Eine Klausel, wonach sich die Minderung nur auf die künftigen Leasingraten auswirkt, dürfte gem. § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sein,...

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