Rz. 87

Die Frage, welche Sollbeschaffenheit die Leasingsache bei Rückgabe aufzuweisen hat, ist für alle Verträge mit Restwertabrechnung von Bedeutung. Hierzu zählen neben dem Vertrag mit Kilometerabrechnung der Vertrag mit Mehrerlösbeteiligung und der kündbare Vertrag mit Schlusszahlung. Gleichwohl werden im Bereich des Kfz-Leasings nur die beiden letztgenannten Vertragsmodelle auch als "Vertrag mit Gebrauchtwagenabrechnung" oder "Vertrag mit Restwertabrechnung" bezeichnet; dies vor dem Hintergrund, dass beim Vertrag mit Kilometerabrechnung kein Restwert, sondern nur ein Minderwert abgerechnet wird.

Die gängigen Vertragsmuster weisen sowohl im Falle eines Vertrages mit Kilometerabrechnung als auch im Falle eines Vertrages mit Gebrauchtwagenabrechnung die Aufgabe der Feststellung des Zustands und die Festlegung des sich daraus ergebenden (Minder-)Wertes den Vertragsparteien zu. Sie sehen vor, dass die Parteien bei Rückgabe des Fahrzeugs ein gemeinsames Protokoll anfertigen und zunächst eine Einigung über die Höhe des (Minder-)Wertes zu erreichen versuchen.[139] Kommt eine Einigung nicht zustande, wird der (Minder-)Wert auf Veranlassung des Leasinggebers durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder durch ein unabhängiges Sachverständigenunternehmen ermittelt.

 

Rz. 88

Die Parteien sind an das Ergebnis des Gutachtens nicht gebunden, wenn die Leasingbedingungen vorsehen, dass durch das Gutachten der Rechtsweg nicht ausgeschlossen wird.[140] Eine Bindung kann dagegen eintreten, wenn es sich um eine sog. enge Schiedsgutachtenabrede gem. § 317 ff. BGB handelt. Eine solche liegt vor, wenn ausdrücklich vereinbart ist, dass das Ergebnis des Gutachtens verbindlich ist, soweit es nicht offenbar unbillig ist. Voraussetzung für den Eintritt der Bindung ist aber, dass sich die Parteien gem. § 317 BGB vor Erteilung des Auftrags über die Person des Gutachters einig geworden sind,[141] ferner dass der Leasingnehmer in den Schätzvorgang eingeschaltet und ihm rechtliches Gehör gewährt worden ist.[142]

 

Rz. 89

Eine Klausel, wonach die Vertragspartner die Kosten der Begutachtung je zur Hälfte tragen, hat der BGH als wirksam angesehen.[143] Nicht wirksam dürfte dagegen eine Klausel sein, die dem Leasingnehmer unabhängig vom Ausgang des Gutachterverfahrens die Sachverständigenkosten in voller Höhe auferlegt.[144]

[139] Siehe zu vom Händler vorformulierten Erklärungen, mit denen der Leasingnehmer über die Feststellung des Fahrzeugzustandes hinausgehende Anerkenntnisse abgibt, Reinking/Eggert, L 639.
[140] OLG Frankfurt v. 5.12.2013 – 12 U 89/12, juris Rn 46.
[141] OLG Frankfurt v. 24.8.2012 – 17 U 242/11, juris Rn 6; OLG Frankfurt v. 6.2.2014 – 17 U 232/11, BeckRS 2012, 19186; Palandt/Grüneberg, § 317 Rn 2.
[143] BGH v. 4.6.1997 – VIII ZR 312/96, NJW 1997, 3166, 3167; a.A. v. Westphalen/Artz, Kap. K 97.
[144] Reinking/Eggert, L 646; AG Gengenbach v. 18.3.2013 – 1 C 175/12, BeckRS 2013, 06025; danach differenzierend, welche Abrechnungsvariante vereinbart wurde und in wessen (überwiegenden) Interesse die Einholung des Gutachtens hiernach erfolgt: v. Westphalen/Artz, Kap. K 97.

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