Rz. 25

Der Umfang des Anwendungsbereichs der Verbraucherdarlehensregelungen ist mit dem im Zuge des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie am 11.6.2010 in Kraft getretenen § 506 Abs. 1 BGB neu bestimmt worden. § 506 BGB befasst sich mit dem Zahlungsaufschub und sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfen. Anders als in den §§ 499 Abs. 2, 500 BGB a.F. werden Finanzierungsleasingverträge nicht mehr ausdrücklich im Gesetz genannt.

 

Rz. 26

Als entgeltliche Finanzierungshilfe gelten gem. § 506 Abs. 2 BGB Verträge über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes, wenn der Verbraucher am Vertragsende generell oder auf Verlangen des Unternehmers zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist (§ 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 BGB)[23] oder wenn er für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat (§ 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB).

 

Rz. 27

Obgleich § 506 Abs. 2 BGB auf Finanzierungsleasingverträge zugeschnitten ist, ist noch nicht abschließend geklärt, welche Vertragsgestaltungen von § 506 Abs. 2 S. 1 BGB erfasst werden. So sollen Vollamortisationsverträge nicht hiervon erfasst werden.[24] Bei den Teilamortisationsverträgen ist die Einordnung des Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung umstritten.[25] Nach dem Wortlaut des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB werden sie von der Norm nicht erfasst, weil bei ihnen der Leasingnehmer nicht für einen "bestimmten Wert" der Sache bei Vertragsende, sondern nur für einen dem Alter und der Laufleistung entsprechenden Zustand einzustehen hat. Zudem ist der Vertrag nicht wie die anderen Modelle auf eine Vollamortisation gerichtet, weil das Marktwertrisiko der Leasinggeber trägt. Zuletzt lassen sich auch der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber bei Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie die nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfassten Leasingverträge mit Kilometerabrechnung den entgeltlichen Finanzierungshilfen zuordnen und damit in weiten Teilen dem Verbraucherdarlehensrecht unterstellen wollte. Es hat sich deshalb zunehmend die Auffassung durchgesetzt, dass eine auch nur analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung ausgeschlossen ist.[26]

 

Rz. 28

§ 506 BGB gilt nicht nur gegenüber Verbrauchern, sondern auch gegenüber Existenzgründern (§ 513 BGB). Der Begriff des Verbrauchers ist in § 13 BGB legaldefiniert. Dessen Neufassung spiegelt jetzt wieder, dass es "bei Mischnutzungen", wie die Nutzung eines zu leasenden Pkw sowohl zu privaten als auch zu selbstständigen beruflichen Zwecken, darauf ankommt, welche Nutzung überwiegt (Ex-ante-Beurteilung).[27]

 

Rz. 29

Soweit der Finanzierungsleasingvertrag als entgeltliche Finanzierungshilfe gem. § 506 Abs. 2 BGB zu qualifizieren ist, finden auf ihn u.a. folgende Vorschriften entsprechende Anwendung:

über die Erteilung vorvertraglicher Informationspflichten (§ 491a BGB),
über das Schriftformerfordernis einschließlich der notwendigen Pflichtangaben (§ 492 BGB) mit Ausnahme des Schriftformerfordernisses für die Vollmacht (§ 492 Abs. 4 BGB),
über die Rechtsfolgen von Formmängeln (§ 494 BGB),
über das Widerrufsrecht (§ 495 BGB),
über die Verrechnung von Teilleistungen (§ 497 Abs. 3 BGB),
über die Voraussetzungen einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs (§ 498 BGB)
über die Kreditwürdigkeitsprüfung (§§ 505a bis 505d BGB[28]).

§ 506 Abs. 1 BGB ist als Rechtsgrundverweisung zu verstehen,[29] sodass die Tatbestandsvoraussetzungen der in Bezug genommenen Norm vorliegen müssen.

 

Rz. 30

Weil beim Finanzierungsleasingvertrag ein Nettodarlehensbetrag (Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB) nicht existiert, treten an seine Stelle der Brutto-Anschaffungspreis und, wenn es wie beim direkten Herstellerleasing an einem Beschaffungsvorgang fehlt, der Barzahlungspreis.[30] Etwaige Vergünstigungen, die der Leasingnehmer nicht erhalten hätte, müssen Berücksichtigung finden.[31] Aus dem Anschaffungs- bzw. Barzahlungspreis als Nettodarlehensbetrag "analog" lässt sich sodann über § 6 PAngV (i.V.m. Art. 247 § 3 Abs. 2 S. 3 EGBGB) der effektive Jahreszins berechnen.[32]

[23] § 506 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB ist für Leasingverträge ohne praktische Bedeutung, da sie eine Erwerbsverpflichtung des Leasingnehmers aus steuerlichen Gründen üblicherweise nicht vorsehen. Erfasst werden z.B. Mietkaufverträge mit fester Vertragszeit und Eigentumsübergang am Vertragsende.
[24] Reinking/Eggert, L 103.
[25] Für eine zumindest entsprechende Anwendung des § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB auf Kilometer-Verträge Palandt/Weidenkaff, § 506 Rn 5; MüKo-BGB/Koch, Finanzierungsleasing Rn 63; Reinking/Eggert, L 106 ff.; Schattenkirchner, NJW 2013, 2398, 2398 f.; a.A. v. Westphalen/Zahn, Kap. O Rn 115; Schimansky/Bunte/Lwowski/Martinek/Omlor, § 101 Rn 90 f.

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