Rz. 11

In Rechtsprechung und Betriebswirtschaftslehre ist anerkannt, dass die Bewertung kleinerer und mittlerer Betriebe (ebenso wie mit der von freiberuflichen Praxen,[3] einige Sonderprobleme verbunden sein können, die besonderer Berücksichtigung bedürfen. Denn bei Ermittlung des Unternehmenswerts anhand des Ertragswertverfahrens oder der DCF-Methode (vgl. § 6 Rdn 50 ff.) ergeben sich hier oftmals rechnerische Werte, die von der Realität weit entfernt sind und häufig sogar ein Vielfaches der am Markt tatsächlich festzustellenden Verkaufspreise (für in etwa vergleichbare Unternehmen) ausmachen.[4]

 

Rz. 12

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kommen insbesondere der oftmals fehlenden Trennung von Management und Unternehmenseigentum,[5] der teilweise unklaren Trennung von Betriebs- und Privatvermögen[6] und Besonderheiten bei der Unternehmensfinanzierung bzw. Eigenkapitalausstattung[7] besondere Bedeutung zu.

 

Rz. 13

Bei der Erhebung der für die Bewertung erforderlichen Daten ist besonderes Augenmerk auf eine klare Abgrenzung des Bewertungsobjekts vom übrigen Vermögen des Unternehmers zu legen. Dabei können z.B. steuerliche Sonderbilanzen zur Ermittlung von nicht bilanziertem, aber betriebsnotwendigem Vermögen und von damit korrespondierenden künftigen finanziellen Überschüssen herangezogen werden. Wesentliche Bestandteile des Anlagevermögens (insb. Patente, Grundstücke etc.) werden häufig im Privatvermögen gehalten. Demgemäß ist für Zwecke der Unternehmensbewertung sicherzustellen, dass diese entweder in die zu bewertende Vermögensmasse eingebracht oder anderweitig, z.B. durch Berechnung von Miet-, Pacht- oder Lizenzzahlungen, berücksichtigt werden. Schließlich muss auch der sauberen Trennung betrieblicher und privater Ausgaben zusätzliche Beachtung geschenkt werden.[8]

 

Rz. 14

Soweit die Eigenkapitalausstattung im Verhältnis zu anderen vergleichbaren Unternehmen als zu gering erscheint, muss bei den anzustellenden Ertrags- bzw. Entnahmeprognosen der zu erwartende Aufwand für Maßnahmen zur Stärkung der Unternehmenssubstanz berücksichtigt werden.[9]

Oftmals hängen bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen die künftigen finanziellen Überschüsse betragsmäßig in starkem Maße vom persönlichen Engagement und den persönlichen Kenntnissen, Fähigkeiten und Beziehungen der Eigentümer ab. Die Bewertung des Managementfaktors muss daher auch einen angemessenen Unternehmerlohn unter Berücksichtigung sämtlicher personenbezogener Wertfaktoren umfassen. Fehlt in den bestehenden Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. Planungsrechnungen der Ansatz entsprechender Aufwendungen, sind diese zu ergänzen.[10]

 

Rz. 15

Vielfach zeichnen sich kleinere Unternehmen auch durch ein mit dem allgemeinen Standard nicht vergleichbares internes Rechnungswesen aus, so dass die für die Erstellung aussagekräftiger Vergangenheitsanalysen und Ertragsprognosen benötigten Informationen nicht ohne weiteres zur Verfügung gestellt werden können. Aus diesem Grunde ist eine kritische Prüfung dieser Unterlagen unabdingbar. Das gilt umso mehr, als die Bilanzpolitik solcher Unternehmen häufig überdurchschnittlich von steuerlichen Motiven geprägt ist[11] und die Jahresabschlüsse der letzten Geschäftsjahre daher meistens kein zutreffendes Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zeichnen.

[3] Vgl. insoweit Riedel, in: Daragan/Halaczinsky/Riedel, Praxiskommentar ErbStG und BewG, Anhang zu § 11 BewG Rn 271 ff.
[4] Then/Berg, WPg 1985, 171; Piltz, S. 50.
[5] IDW S 1, Rn 154, FN-IDW 2008, 271, 289.
[6] Behringer, S. 158.
[7] IDW S 1, Rn 158, FN-IDW 2008, 271, 290.
[8] IDW S 1, Rn 157, FN-IDW 2008, 271, 290.
[9] IDW S 1, Rn 158, FN-IDW 2008, 271, 290.
[10] Vgl. hierzu auch IDW S 1, Rn 160, FN-IDW 2008, 271, 290.
[11] IDW S 1, Rn 161, FN-IDW 2008, 271, 290.

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