Rz. 155

Insbesondere in Unterhaltsverfahren kommen häufig Stufenanträge vor, also Verfahren, in denen ein Anspruch auf Rechnungslegung oder Erstellung eines Vermögensverzeichnisses und/oder Abgabe der eidesstattlichen Versicherung mit einem zunächst unbezifferten Leistungsantrag verbunden wird (§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 254 ZPO). In diesen Fällen liegt eine objektive Antragshäufung vor. Beide Anträge werden sofort rechtshängig und sind daher gesondert zu bewerten, wobei der zunächst noch unbezifferte Leistungsantrag zu schätzen ist. Entgegen § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG werden die Werte jedoch nicht zusammengerechnet. Vielmehr gilt nach § 38 FamGKG nur der höhere Wert.

 

Rz. 156

Sofern auch über den Zahlungsantrag ein Termin stattfindet, entstehen alle Gebühren aus dem höheren Wert des Zahlungsantrags.

 

Beispiel 43: Stufenantrag auf Auskunft und Unterhaltszahlung (I)

Die Antragstellerin hat Stufenantrag auf Auskunft und auf Zahlung eines noch zu beziffernden Unterhalts erhoben. Zunächst wird über die Auskunft verhandelt und der Antragsgegner verurteilt. Nach Auskunftserteilung wird zur Höhe verhandelt und entschieden. Die Werte werden wie folgt festgesetzt: Unterhalt 6.000,00 EUR, Auskunft 1.500,00 EUR.

Da über beide Stufen verhandelt worden ist, entstehen beide Gebühren aus dem höheren Wert (§ 38 FamGKG).

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   507,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV   468,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 995,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   189,05 EUR
Gesamt   1.184,05 EUR
 

Rz. 157

 

Beispiel 44: Stufenantrag auf Auskunft und Unterhaltszahlung (II)

Die Antragstellerin hat Stufenantrag auf Auskunft und auf Zahlung eines noch zu beziffernden Unterhalts erhoben. Der Stufenantrag wird nach Verhandlung insgesamt abgewiesen. Die Werte werden wie folgt festgesetzt: Unterhalt 6.000,00 EUR, Auskunft 1.500,00 EUR.

Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 43, da über den Leistungsantrag entschieden worden ist.[85] Die Abweisung des Stufenantrags erwächst hinsichtlich des vollen Anspruchs – auch des Leistungsantrags – in Rechtskraft.

 

Rz. 158

Unterschiedliche Werte können sich aber dann ergeben, wenn über die zweite Stufe nicht verhandelt wird, also wenn der Stufenantrag in der ersten Stufe "stecken geblieben" ist.

 

Rz. 159

Der Wert des Verfahrens richtet sich auch dann nach dem Wert der beanspruchten Leistung, wenn es nicht zu einer Bezifferung in der Leistungsstufe kommt. Dieser ist nach der Erwartung des den Antrag stellenden Beteiligten bei Beginn der Instanz zu schätzen.[86] Sind keine Anhaltspunkte vorhanden, ist mit dem Auffangwert des § 42 Abs. 3 FamGKG in Höhe von derzeit 5.000,00 EUR zu bewerten.[87]

 

Rz. 160

Für die Terminsgebühr kann gegebenenfalls nur der geringere Wert des Auskunftsantrags maßgebend sein, wenn nur darüber verhandelt worden ist. Dieser Wert darf nur auf Antrag nach § 33 RVG festgesetzt werden.[88]

 

Beispiel 45: "Stecken gebliebener" Stufenantrag auf Auskunft und Unterhaltszahlung

Die Antragstellerin verlangt Unterhalt und geht im Wege des Stufenantrags (Auskunft und Zahlung) gegen den Antragsgegner vor. Über den Auskunftsantrag wird verhandelt. Sodann wird die Auskunft erteilt und der Antrag insgesamt zurückgenommen.

Die Verfahrensgebühr bemisst sich nach dem höheren Wert von 6.000,00 EUR, da der Zahlungsantrag – wenn auch unbeziffert – bereits anhängig war. Die Terminsgebühr richtet sich dagegen nur nach dem Wert von 1.500,00 EUR, da nur über die Auskunft, nicht aber auch über die Zahlung, verhandelt worden ist.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   507,00 EUR
  (Wert: 6.000,00 EUR)    
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   152,40 EUR
  (Wert: 1.500,00 EUR)    
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 679,40 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   129,09 EUR
Gesamt   808,49 EUR
[85] KG AGS 2008, 40; a.A. OLG Koblenz AGS 2014, 185 = FamRZ 2014, 1224; OLG Celle AGS 2010, 38 = FamRZ 2009, 1855.
[86] OLG Stuttgart AGS 2007, 632; OLG Bremen OLGR 1998, 192; OLG Celle FamRZ 1997, 99; OLG Bamberg FamRZ 1994, 640; OLG Schleswig AGS 2014, 187 = FamRZ 2014, 689; OLG Hamm FamRZ 2014, 1224; OLG Jena AGS 2013, 469 = FamRZ 2013, 489; OLG Stuttgart AGS 2012, 33 = FamRZ 2012, 393.
[87] OLG Hamm AGS 2012, 194 = FamRZ 2011, 582 = AGS 2013, 589; OLG Jena NJW-Spezial 2014, 443.
[88] OLG Hamm NJW-Spezial 2021, 59 = NZFam 2021, 177; OLG Koblenz AGS 2019, 286 = NZFam 2019, 279.

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