Rz. 104

Vereinbarungen, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433435, 437, 439443, 474479 BGB abweichen, sind unzulässig, soweit sie vor der Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher getroffen wurden (§ 476 Abs. 1 S. 1 BGB). Eine Abweichung zum Nachteil des Verbrauchers besteht immer dann, wenn dessen gesetzliche Rechte ausgeschlossen oder in irgendeiner Weise beschränkt werden (z.B. Mängelanzeige oder vorherige Inanspruchnahme Dritter).[198] Eine Regelung, die dem Käufer gestattet, Ansprüche auf Mängelbeseitigung auch gegenüber (vom Hersteller anerkannten) Fachbetrieben geltend zu machen, ihn aber für diesen Fall zur Benachrichtigung des Verkäufers verpflichtet, ist hingegen zulässig, da sie die Rechte des Verbrauchers lediglich erweitert.[199] Eine dem Verbraucher nachteilige Abweichung liegt auch dann nicht vor, wenn der Verkäufer den Käufer vor Vertragsschluss über konkrete Mängel tatsächlich in Kenntnis setzt und damit einen gesetzlichen Haftungsausschluss nach § 442 Abs. 1 S. 1 BGB herbeiführt.[200] Der Mängelhinweis muss sich allerdings auf bestimmte Eigenschaften beziehen und darf nicht im krassen Widerspruch zu den übrigen Vertragsregelungen stehen. Eine Mängelliste "ins Blaue hinein" ist unzulässig; es muss vielmehr ein konkreter Anlass für die Vereinbarung bestehen.[201] In der gebräuchlichen Klausel "gekauft wie gesehen" liegt keine zulässige Beschaffenheitsvereinbarung etwa in Bezug auf den (unbekannten) "Ist-Zustand" der Kaufsache, noch erfüllt sie die Anforderungen eines gesetzlichen Haftungsausschlusses (vgl. Rdn 77).[202]

Die Mitteilung eines Mangels durch den Verbraucher muss die Tatsache bezeichnen, die den angezeigten Mangel ausmacht. Sie muss darüber hinaus erkennen lassen, dass der Verbraucher die Vertragswidrigkeit geltend macht.[203] Einem Vergleich nach Mängelanzeige steht § 476 BGB nicht entgegen.

Das Verbot nachteilsbegründender anderer Vereinbarungen gilt gem. § 476 Abs. 3 BGB nicht für Schadensersatzansprüche (§§ 437 Nr. 3, 440, 280 ff. BGB); diese können grds. für Schäden, die auf grober oder einfacher Fahrlässigkeit beruhen, ausgeschlossen werden (§§ 276 Abs. 1, 278 BGB) – mit Ausnahme unwirksamer AGB (§§ 307 ff. BGB).

[198] MüKo/Lorenz, § 476 Rn 8.
[199] BGH NJW 2007, 504, 506.
[200] OLG Oldenburg ZGS 2004, 75, 76; MüKo/Lorenz, § 476 Rn 10.
[201] OLG Oldenburg ZGS 2004, 96; AG München DAR 2004, 158; Palandt/Weidenkaff, § 476 Rn 3a; Schinkels, ZGS 2003, 310 f.; Stölting, ZGS 2004, 96 f.; Müller, NJW 2003, 1975, 1976 f.
[202] BGH WM 2005, 1895, 1898; MüKo/Lorenz, § 476 Rn 10; Schinkels, ZGS 2003, 310, 311; Schulte-Nölke, ZGS 2003, 184, 185; a.A. Hoeren, ZGS 2003, 10, 12; Kornexl, ZNotP 2002, 86, 88 f.
[203] Bamberger/Roth/Faust, § 475 aF Rn 15; MüKo/Lorenz, § 476 Rn 15, Palandt/Weidenkaff, § 476 Rn 3.

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