Rz. 12

Eine Haftung setzt Verschulden hinsichtlich der Pflichtverletzung voraus. Der Nachlasspfleger hat nicht nur Vorsatz, sondern auch (leichte) Fahrlässigkeit zu vertreten; er hat die Sorgfalt anzuwenden, die von einem verständigen Menschen zu erwarten ist, wobei darauf abzustellen ist, welcher Wissensstand und welche Sorgfalt nach dem Lebenskreis, den Lebensumständen und der Rechts- und Geschäftserfahrung des jeweiligen Nachlasspflegers vorausgesetzt werden kann.[17] Der Maßstab der geforderten Sorgfalt wird damit gegenüber dem objektiven Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB eingeschränkt.[18] An einen gestandenen anwaltlichen Berufsnachlasspfleger werden damit höhere Anforderungen gestellt, als z.B. an eine Bürokauffrau, die nur wenige Pflegschaften abgewickelt hat.

 

Rz. 13

Überträgt der Nachlasspfleger zulässigerweise die Erledigung einzelner, originär nachlasspflegerischer Aufgaben auf sein Büropersonal, werden ihm deren Pflichtwidrigkeiten über § 278 BGB (analog) wie eigene zugerechnet.[19]

 

Rz. 14

Beauftragt der Nachlasspfleger externe Dritte wie Handwerker, Steuerberater etc., mit Tätigkeiten, die nicht zu denen gehören, die er persönlich zu erbringen hat, muss er nur dann einstehen, wenn ihn ein Verschulden bei der Auswahl oder Überwachung der Hilfsperson trifft.[20]

 

Rz. 15

Im Einzelfall kann die Mitwirkung des Nachlassgerichts an der schadensverursachenden Handlung ein Verschulden des Nachlasspflegers entfallen lassen.

Wegen des individuellen Sorgfaltsmaßstabes scheidet dies bei anwaltlichen Nachlasspflegern aus. Sie müssen bei einer erteilten nachlassgerichtlichen Genehmigung vor deren Gebrauch stets erneut prüfen, ob das Rechtsgeschäft dem Wohl der Erben dient. Selbst ein falscher Rat des Nachlassgerichts (§ 1837 BGB) entlastet diese qualifizierteren Nachlasspfleger nicht. Von einem Anwalt als Nachlasspfleger kann erwartet werden, dass er sich – erforderlichenfalls unter Zuhilfenahme von Fachliteratur – über die rechtlichen Risiken eines von ihm abzuschließenden Geschäfts vergewissert und im Interesse der Erben Vorkehrungen trifft, um erkennbare Risiken auszuschließen oder zu vermindern.[21]

 

Rz. 16

Geht es bei einer Genehmigung im Wesentlichen um Rechtsfragen, ist der juristisch nicht vorgebildete und unerfahrene Nachlasspfleger regelmäßig entlastet, wenn dem Nachlassgericht alle Tatsachen bekannt sind und er deshalb davon ausgehen darf, beim Abschluss des genehmigten Rechtsgeschäfts pflichtgemäß zu handeln. Das Gleiche gilt, wenn er in einer Angelegenheit rechtlichen Rat und Auskunft des Nachlassgerichts einholt, das ihm "wie ein Rechtsanwalt zur weiteren Hilfe an die Seite gegeben ist".[22]

[18] Damrau/Tanck/Boecken, § 1960 Rn 116.
[19] MüKo-BGB/Wagenitz, § 1833 Rn 9.
[20] MüKo-BGB/Wagenitz, § 1833 Rn 9.
[21] Vgl. zum Betreuungsrecht: BGH v. 18. 9. 2003 – XII ZR 13/01, NJW 2004, 220 = Rpfleger 2004, 97 = ZErb 2004, 95; zur Abwesenheitspflegschaft: OLG Brandenburg v. 4.11.2014 – 3 U 156/11, DNotI-Report 2015, 70 = FamRZ 2015, 1229.
[22] Vgl. zum Betreuungsrecht: OLG Schleswig v. 6.12.1996 – 1 U 91/96, NJWE-FER 1997, 105, 106 = FamRZ 1997, 1427.

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