Rz. 9

Zunächst einmal erhält der Anwalt auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV, die sich grundsätzlich auf 1,3 beläuft.

 

Rz. 10

Erledigt sich der Auftrag vorzeitig, bevor ein verfahrenseinleitender Antrag oder ein Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag oder eine Antragsrücknahme enthält, eingereicht oder bevor ein gerichtlicher Termin wahrgenommen wird, reduziert sich die Verfahrensgebühr – ebenso wie in sonstigen Verfahren – nach Nr. 3101 Nr. 1 VV auf 0,8.

 

Rz. 11

Ebenfalls reduziert sich die Verfahrensgebühr auf 0,8,

soweit beantragt ist, eine Einigung der Parteien oder mit Dritten über in diesem Verfahren nicht rechtshängige Ansprüche zu Protokoll zu nehmen (Nr. 3101 Nr. 2, 1. Alt. VV) oder
soweit Verhandlungen vor Gericht zur Einigung über solche Ansprüche geführt werden (Nr. 3101 Nr. 2, 2. Alt. VV).
 

Rz. 12

Darüber hinaus entsteht in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Nr. 3101 Nr. 3, 2. Hs. VV ebenfalls nur eine auf 0,8 ermäßigte Verfahrensgebühr, wenn

lediglich ein Antrag gestellt

und

eine Entscheidung des Gerichts entgegengenommen wird.

Das gilt erst recht, wenn nur ein Antrag gestellt oder nur eine Entscheidung des Gerichts entgegengenommen wird.[1]

 

Rz. 13

Der Ermäßigungstatbestand der Nr. 3101 Nr. 3, 2. Hs. VV wird in Anm. Abs. 2 zu Nr. 3101 VV aber sogleich für streitige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, insbesondere für Verfahren nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen, wieder aufgehoben. In diesen Verfahren ist Nr. 3101 Nr. 3, 2. Hs. VV nicht anzuwenden. Es bleibt dann bei der vollen 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.

 

Beispiel 1: Verfahren ohne Termin

Der Anwalt vertritt den Antragsteller in einem Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins. Der Antrag wird später wieder zurückgenommen. Der Geschäftswert wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

Der Anwalt erhält ebenso wie im bürgerlichen Rechtsstreit eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.241,50 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.261,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   239,69 EUR
Gesamt   1.501,19 EUR
 

Rz. 14

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0.

 

Beispiel 2: Mehrere Auftraggeber

Der Anwalt vertritt eine Erbengemeinschaft, bestehend aus drei Miterben, für die er einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers stellt (Geschäftswert: 20.000,00 EUR). Der Antrag wird später ohne mündliche Verhandlung zurückgenommen.

Die Verfahrensgebühr erhöht sich nach Nr. 1008 VV auf 1,9.

 
1. 1,9-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 1008 VV   1.561,80 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.581,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   300,54 EUR
Gesamt   1.882,34 EUR
 

Rz. 15

 

Beispiel 3: Vorzeitige Erledigung

Der Anwalt erhält den Auftrag, ein Verfahren auf Abberufung eines Testamentsvollstreckers einzuleiten (Wert: 20.000,00 EUR). Bevor der Anwalt den Antrag fertiggestellt und eingereicht hat, erledigt sich das Verfahren. Der Antrag wird nicht mehr eingereicht.

Nach Nr. 3101 Nr. 1 VV ist nur eine 0,8-Verfahrensgebühr entstanden.

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV   657,60 EUR
  (Wert: 20.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 677,60 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   128,74 EUR
Gesamt   806,34 EUR
 

Rz. 16

 

Beispiel 4: Bloße Antragstellung und Entgegennahme der Entscheidung

Nach dem Tode des Erblassers übersendet der Anwalt im Auftrag des Alleinerben den Erbschein an das Grundbuchamt und beantragt die Umschreibung der Eigentumsverhältnisse (Geschäftswert: 30.000,00 EUR).

Es handelt sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Da der Anwalt – ohne in der Sache vorzutragen – nur einen Antrag gestellt und die Entscheidung entgegengenommen hat, erhält er nach Nr. 3101 Nr. 3, 2. Hs. VV hierfür lediglich eine Verfahrensgebühr in Höhe von 0,8.

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 3 VV   764,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 784,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   148,96 EUR
Gesamt   932,96 EUR
 

Rz. 17

 

Beispiel 5: Bloße Antragstellung und Entgegennahme der Entscheidung, mehrere Auftraggeber

Wie Beispiel 4; der Anwalt stellt den Antrag für eine aus drei Personen bestehende Erbengemeinschaft.

Jetzt erhöht sich die 0,8-Verfahrensgebühr der Nr. 3101 Nr. 3 VV nach Nr. 1008 VV um 0,6 auf 1,4.

 
1. 1,4-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 3, 1008 VV   1.337,00 EUR
  (Wert: 30.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.357,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   257,83 EUR
Gesamt   1.614,83 EUR
 

Rz. 18

 

Beispiel 6: Antragstellung und Entgegennahme der Entscheidung mit weiteren ...

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