Rz. 93

Die Unsicherheit muss demnach Einfluss auf die Rechtslage des Klägers haben und darf ihn nicht nur wirtschaftlich betreffen.[253] Auch die Schädigung anderer Rechtsgüter als des Vermögens – beispielsweise der (Geschäfts-)Ehre – kann ein rechtliches Interesse begründen.[254] Ein bloßes Beweissicherungsinteresse reicht jedoch nicht aus, den insoweit steht dem Geschädigten das selbstständige Beweisverfahren offen (§§ 485 ff. ZPO).[255] Der drohende Verlust von Beweismitteln kann allerdings bei der Prüfung des Feststellungsinteresses unterstützend herangezogen werden.[256] Die unbestimmte Erwartung, ein Feststellungsurteil könnte einen Vergleich über die Schadenshöhe erleichtern, reicht zur Begründung des Feststellungsinteresses ebenfalls nicht aus.[257] Ein rechtliches Feststellungsinteresse liegt dagegen vor, wenn zu erwarten steht, dass durch die Entscheidung des ordentlichen Gerichts eine gesicherte Grundlage für die Anerkennung eines vor einer anderen Behörde zu verfolgenden Anspruchs geschaffen werden wird.[258] Für die Feststellung des Haftungsgrundes einer unerlaubten Handlung folgt das Feststellungsinteresse regelmäßig schon aus der damit im Falle einer Restschuldbefreiung verbundenen insolvenzrechtlichen Privilegierung des Anspruchs (§ 302 Nr. 1 InsO).[259]

 

Rz. 94

Das rechtliche Interesse eines Versicherungsnehmers (Schädigers) an der Feststellung der Verpflichtung seiner Haftpflichtversicherung zur Gewährung von Versicherungsschutz für ein Schadensereignis besteht regelmäßig[260] unabhängig davon, ob der gegen ihn vom Geschädigten (Dritten) geltend gemachte Schadensersatzanspruch begründet ist (siehe auch Rdn 21).[261]

 

Rz. 95

Auch soweit Drittrechtsverhältnisse zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein können (siehe oben Rdn 79), muss die Unsicherheit bezüglich der Rechtslage des Klägers bestehen und durch die Feststellung gegenüber dem Beklagten beseitigt werden können.[262]

[253] BGH, Urt. v. 14.5.1990 – II ZR 125/89, NJW 1990, 2627; BGH, Urt. v. 3.12.1954 – V ZR 114/53, LM Nr. 25 zu § 256 ZPO.
[254] BGH, Urt. v. 30.10.2009 – V ZR 253/08, NJW 2010, 534; BGH, Urt. v. 21.9.1987 – II ZR 20/87, NJW-RR 1988, 445; OLG Celle, Urt. v. 2.4.1992 – 13 U 197/91, NJW-RR 1992, 1467.
[255] BGH, Urt. v. 21.12.1960 – IV ZR 128/60, BGHZ 34, 159.
[256] BGH, Urt. v. 7.2.1986 – V ZR 201/84, NJW 1986, 2507.
[257] BGH, Urt. v. 21.9.1987 – II ZR 20/87, NJW-RR 1988, 445; OLG Zweibrücken, Urt. v. 8.8.2014 – 2 U 5/14, FamRZ 2015, 428.
[258] BGH, Urt. v. 29.4.1958 – VIII ZR 198/57, NJW 1958, 1293; OLG Saarbrücken, Urt. v. 17.5.2017 – 2 U 72/16, NJW-RR 2017, 1454 Rn 24.
[260] Zu einer Ausnahme s. RG, Urt. v. 27.4.1926 – VI 3/26, RGZ 113, 286.
[261] RG, Urt. v. 15.3.1932 – VII 371/31, RGZ 135, 368.
[262] BGH, Urt. v. 2.12.2003 – VI ZR 243/02, NJW-RR 2004, 595; BGH, Urt. v. 8.7.1983 – V ZR 48/82, NJW 1984, 2950; Stein/Jonas/Roth, § 256 Rn 48.

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