Rz. 49

Zusammenfassend lässt sich hinsichtlich der Vor- und Nacherbenlösung folgende Beurteilung treffen:[73]

Vorteile:

Die Rechtslage erscheint in vielen Punkten relativ gesichert (mit den obigen Vorbehalten); auch die Praxis der Sozialleistungsträger scheint diese Gestaltung weitgehend akzeptiert zu haben.
Die "Feineinstellung" entsprechend den Bedürfnissen des Einzelfalles erfolgt durch eine detaillierte individuelle Verwaltungsanordnung für den Testamentsvollstrecker (§ 2216 Abs. 2 BGB), ggf. durch Vorausvermächtnisse für den Behinderten.
Durch die Anordnung der Vor- und Nacherbschaft kann die dem Behinderten hinterlassene Erbschaft erhalten bleiben, soweit sie nicht für seine notwendigen Bedürfnisse verwendet werden muss.

Nachteil:

Dadurch, dass der Behinderte Miterbe wird, entstehen infolge der gesamthänderischen Bindung erhebliche Abwicklungsprobleme, woraus wiederum erhebliche rechtliche und praktische Probleme entstehen.[74] Deutlich wird dies etwa, wenn bereits nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils der Behinderte Miterbe bzgl. des Eigenheimanteils des Erstverstorbenen wird, oder gar bei einer Miterbenschaft im gewerblichen Bereich. Soweit die Zusammensetzung des Nachlasses es zulässt, sollte im Wege einer Teilungsanordnung das Bestehen einer Erbengemeinschaft an diesen Nachlassgegenständen vermieden und dem behinderten Kind sein Erbteil in Geld zugewandt werden.
 

Rz. 50

Ein derartiges Behindertentestament mit Vor- und Nacherbschaft könnte in einem einseitigen Testament wie folgt formuliert werden:[75]

Muster 26.2: Behindertentestament ( Vor- und Nacherbenlösung )

 

Muster 26.2: Behindertentestament ("Vor- und Nacherbenlösung")

Testament

Ich, _________________________, geb. am _________________________ in _________________________, wohnhaft in _________________________, deutscher Staatsangehöriger, errichte nachfolgendes Testament:

I. Testierfreiheit

Ich erkläre, dass ich nicht durch Bindungen aus einem früheren gemeinschaftlichen Testament oder aus einem Erbvertrag an der Errichtung dieses Testaments gehindert bin. Vorsorglich hebe ich alle bisher von mir getroffenen Verfügungen von Todes wegen in vollem Umfang auf.

II. Erbeinsetzung

Hiermit setze ich meine Tochter _________________________, geb. am _________________________ in _________________________ mit einer Erbquote von _________________________ % über ihrer jeweiligen Pflichtteilsquote und meinen Sohn _________________________, geb. am _________________________ in _________________________ zu restlichen auf 100 % fehlenden Erbquote zu meinen Erben ein. Meine Tochter _________________________ wird jedoch nur nicht befreite Vorerbin, Nacherbe nach meiner Tochter _________________________ wird mein Sohn _________________________, ersatzweise seine Abkömmlinge nach gesetzlicher Erbfolge. Die Nacherbenanwartschaft ist weder übertragbar noch vererblich. Der Nacherbfall tritt mit dem Tod der Vorerbin ein. Ein Ersatzvorerbe wird nicht benannt, es gilt die Vorschrift des § 2102 Abs. 1 BGB.

Zu Ersatzerben für meinen Sohn _________________________ bestimme ich dessen Abkömmlinge unter sich nach den Regelungen der gesetzlichen Erbfolge, wiederum ersatzweise _________________________.

III. Teilungsanordnung

Im Wege einer Teilungsanordnung bestimme ich, dass der Erbteil meiner Tochter in Geld abgegolten werden soll. Meinem Sohn _________________________ soll im Rahmen der Erbauseinandersetzung insbesondere das im Nachlass befindliche Immobilienvermögen zufallen. Die Umsetzung der Teilungsanordnungen obliegt dem Testamentsvollstrecker und kann gem. § 2048 S. 2 BGB nach seinem billigen Ermessen (auch dauerhaft) zurückgestellt werden, insbesondere wenn dies im Hinblick auf die Zusammensetzung des Nachlasses wirtschaftlich geboten erscheint.

IV. Testamentsvollstreckung für meine Tochter _________________________

Mit Rücksicht darauf, dass meine Tochter _________________________ wegen ihrer Behinderung nicht in der Lage sein wird, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen, insbesondere die ihr durch den jeweiligen Erbfall zufallenden Vermögensteile selbst zu verwalten, ordne ich für den Fall meines Todes für den Erbteil bzw. die Erbschaft von _________________________ Testamentsvollstreckung als Dauervollstreckung (§ 2209 BGB) auf die Lebenszeit von _________________________ an.

Zum Testamentsvollstrecker benenne ich _________________________, ersatzweise _________________________, wiederum ersatzweise soll das Nachlassgericht einen geeigneten Testamentsvollstrecker bestimmen. Der Testamentsvollstrecker ist von den Einschränkungen des § 181 BGB befreit. In der Eingehung von Verbindlichkeiten ist er nicht beschränkt. Der Testamentsvollstrecker erhält eine Vergütung in Höhe von _________________________ % des auf meine Tochter entfallenden Nachlassbruttowerts.

Der Testamentsvollstrecker hat die Erbschaft meiner Tochter _________________________ einschließlich der Erträge und Nutzungen zu verwalten, Geldbeträge möglichst gewinnbringend anzulegen und, falls Immobilien...

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