Rz. 74

Auf Klägerseite bestehen keine Einschränkungen: Im Gerichtsstand der Umwelteinwirkung kann jeder klagen, der behauptet (siehe unten Rdn 80 f.), durch eine solche einen Schaden erlitten zu haben.[128] Hierzu zählen auch Arbeiter, Angestellte, Besucher und andere Personengruppen, die sich innerhalb der betroffenen Anlage aufhalten.[129]

 

Rz. 75

Beklagter kann dagegen nur der Inhaber der Anlage sein, von der die Umwelteinwirkung ausgeht (§ 32a S. 1 ZPO). Inhaber ist zunächst der Eigentümer der Anlage. Angesichts der Ausgestaltung der umweltrechtlichen Verantwortlichkeit als Gefährdungshaftung ist aber – wie bei den entsprechenden Regelungen zum Halter (StVG, LuftVG) oder Betriebsunternehmer (HPflG) – als Inhaber unabhängig von der eigentumsrechtlichen Lage ferner derjenige anzusehen, der die schadensverursachende Anlage für eigene Rechnung in Gebrauch hat, die Verfügungsgewalt über sie besitzt und die Kosten ihrer Unterhaltung trägt, beispielsweise ein Mieter oder Pächter der Anlage.[130] Die Begriffe Inhaber und Betreiber sind insoweit synonym.[131]

 

Rz. 76

Anlagen sind nach den Begriffsbestimmungen des UmweltHG sowohl ortsfeste Einrichtungen wie Betriebsstätten und Lager (§ 3 Abs. 2 UmweltHG) als auch Maschinen, Geräte, Fahrzeuge und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Nebeneinrichtungen, die mit der Anlage oder einem Anlagenteil in einem räumlichen oder betriebstechnischen Zusammenhang stehen und für das Entstehen von Umwelteinwirkungen von Bedeutung sein können (§ 3 Abs. 3 UmweltHG). Die vom Gerichtsstand der Umwelteinwirkung erfassten inländischen Anlagen sind abschließend im Anhang 1 zu § 1 UmweltHG[132] aufgeführt, der insbesondere Anlagentypen aus den Bereichen (1) Wärmeerzeugung, Bergbau, Energie, (2) Steine und Erden, Glas, Keramik, Baustoffe, (3) Stahl, Eisen und sonstige Metalle einschließlich Verarbeitung, (4) chemische Erzeugnisse, Arzneimittel, Mineralölraffination und Weiterverarbeitung, (5) Oberflächenbehandlung mit organischen Stoffen, Herstellung von bahnenförmigen Materialien aus Kunststoffen, sonstige Verarbeitung von Harzen und Kunststoffen, (6) Holz, Zellstoff, (7) Nahrungs-, Genuss- und Futtermittel, landwirtschaftliche Erzeugnisse, (8) Abfälle und Reststoffe, (9) Lagerung, Be- und Entladen von Stoffen enthält (s. zum Anlagenbegriff auch § 7 Rdn 8). Gentechnische Anlagen (§ 32 GenTG) sind in der Anlage 1 des UmweltHG nicht aufgeführt.[133] Für im Ausland belegene Anlagen gilt der Gerichtsstand nicht (§ 32a S. 2 ZPO).

[128] Musielak/Voit/Heinrich, § 32a Rn 5.
[129] BT-Drucks 11/7104, 17.
[130] Vgl. – zu § 22 Abs. 2 WHG a.F. – BGH, Urt. v. 8.1.1981– III ZR 157/79, BGHZ 80, 1; – zu § 2 Abs. 1 HPflG – OLG Köln, Urt. v. 22.6.2006 – 7 U 166/05, juris; Prütting/Gehrlein/Bey, § 32a Rn 3; a.A. Baumbach/Hartmann, § 32a Rn 4.
[131] Zöller/Schultzky, § 32a Rn 5; Musielak/Voit/Heinrich, § 32a Rn 6 und im Ergebnis ebenso – kein sachlicher, sondern lediglich terminologischer Unterschied – Staudinger/Kohler, § 1 UmweltHG Rn 85; s.a. die gleichwertige Verwendung der Begriffe durch den Gesetzgeber in BT-Drucks 11/7104, 24 bei der Begründung zu § 6 Abs. 4 UmweltHG.
[132] BGBl I 1990, 2634.
[133] Pfeiffer, ZZP 106 (1993), 159.

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