Rz. 78

Von praktischer Bedeutung sind Fälle, in denen sich nach der Benennung des Bezugsberechtigten das Verhältnis zum Versicherungsnehmer in einer Weise verändert, die den Wegfall des Rechtsgrundes nahe legt. Hier sind folgende Fallgruppen denkbar:

Die Ehescheidung wird von der Rechtsprechung als Wegfall der Geschäftsgrundlage angesehen.[70] Bei einer frei widerruflichen Bezugsberechtigung wird dies regelmäßig zu bejahen sein.[71] Anders liegt der Fall, wenn die Bezugsberechtigung gerade im Hinblick auf die Altersversorgung unwiderruflich zugunsten des geschiedenen Ehegatten bestimmt wurde. Zwar wird hier von der Rechtsprechung[72] ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht ausgeschlossen, allerdings dürften strengere Maßstäbe anzulegen sein
Bei Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist hingegen nicht per se ein Wegfall der Geschäftsgrundlage mit der Folge des Verlustes der Bezugsberechtigung anzunehmen, weil hier "die Partner ihre persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen nicht gegenseitig aufrechnen können".[73] Gleichwohl hat die Rechtsprechung entschieden, dass der Versicherer die Versicherungssumme hinterlegen darf, wenn er aufgrund der Trennung von Versicherungsnehmer und schenkweise bezugsberechtigter Lebensgefährtin von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Valutaverhältnisses ausgehen darf.[74]
Bei grobem Undank kann gem. § 530 BGB eine bereits vollzogene Schenkung widerrufen werden. Soweit der Versicherungsnehmer den Widerruf nicht erklärt hat, steht dieses Recht auch dem Erben zu, allerdings nur unter den engen Voraussetzungen des § 530 Abs. 2 BGB.
Ein Wechsel des Zuwendungsgegenstands kann auch den Rechtsgrund für eine Bezugsberechtigung entfallen lassen. Hat der Versicherungsnehmer z.B. in Anerkennung geleisteter Dienste seiner Lebensgefährtin ein Haus übertragen und stattdessen die Lebensversicherung seiner Enkelin im Testament vermacht, kann dies einen Bereicherungsanspruch auslösen. Wichtig ist aber, den Austausch des Zuwendungsgegenstands beweisen zu können. Der Beschenkte wird sich ansonsten regelmäßig darauf berufen, dass ihm das andere zusätzlich zugewendet wurde.
 

Rz. 79

Mit Blick auf die gesetzliche Normierung der Störung der Geschäftsgrundlage in § 313 BGB, die als Rechtsfolge auch eine Anpassung des Vertrags vorsieht, kann ein risikoscheuer Erbe auch vom Alles-oder-Nichts-Prinzip des Wegfalls der Geschäftsgrundlage abweichen und eine teilweise Rückforderung geltend machen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchsetzung ist eine intensive Aufarbeitung des Sachverhalts.

[71] Eine Regelvermutung besteht indes nicht. Der bezugsberechtigte (Ex-)Ehegatte kann sich insbesondere dann auf einen Fortbestand des Rechtsgrundes berufen, wenn die Lebensversicherungssumme auch vorhandenen Kindern zugutekommt oder mit der Lebensversicherung ein gemeinsamer Kredit abgesichert werden sollte, vgl. OLG Köln FamRZ 1998, 193. Problematisch sind auch die Fälle, in denen der Erblasser trotz länger zurück liegender Scheidung das (namentlich benannte) Bezugsrecht nicht geändert hat (BGH VersR 2013, 302).
[72] BGHZ 84, 361, 368.

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