Rz. 4

Die USV ist ein unmittelbarer Reflex der Versicherungswirtschaft auf die geänderte Gesetzgebung. Mit Wirkung vom 14.11.2007 ist in Deutschland – in Umsetzung der Europäischen Richtlinie 2004/35/EG[3] – das sog. Umweltschadensgesetz (USchadG)[4] in Kraft getreten.[5]

 

Rz. 5

Mit dem USchadG wird die Umwelthaftung zweispurig.[6] Das UmweltHG ist dabei weiterhin das klassische Haftungsgesetz für privatrechtliche Ansprüche in Bezug auf Schäden von Leben, Gesundheit, Körper und Eigentum sowie auch Vermögensschäden. Diese Schäden müssen sich im UmweltHG durch eine Umwelteinwirkung realisieren. Im Ergebnis ist also ein Gefährdungsrisiko geschaffen, was dem Betreiber bestimmter Anlagen die Haftung überträgt für den Fall, dass aus seiner Anlage über ein Umweltmedium Schäden bei Dritten herbeigeführt werden. Darüber hinaus und komplementär wirkt das USchadG. Das USchadG hat als zu schädigendes Rechtsgut nicht die zuvor genannten Individualrechtsgüter im Auge, sondern soll in Bezug auf die Beschädigung der "natürlichen Ressourcen" selbst den Schädiger zur Kompensation dieses Umweltschadens anhalten. Erfasst sind damit die sogenannten ökologischen Schäden.[7] Betrachtet man die Begriffsbestimmungen des § 2 USchadG wird dies deutlich. Umweltschaden in Höhe des Gesetzes ist nach § 2 Nr. 1 die "Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen nach § 19 des Bundesnaturschutzgesetzes[8]", die "Schädigung der Gewässer nach Maßgabe des § 90 des Wasserhaushaltsgesetzes" und die "Schädigung des Bodens durch eine Beeinträchtigung der Bodenfunktion i.S.d. § 2 Abs. 2 des Bundesbodenschutzgesetzes, die durch direkte oder indirekte Einbringungen von Stoffen, Zubereitungen, Organismen oder Mikroorganismen auf, in oder unter dem Boden hervorgerufen wurde und Gefahren für die menschliche Gesundheit verursachen". Ergänzend dazu definiert § 2 Nr. 2 USchadG den Schaden oder die Schädigung als "direkt oder indirekt eintretende feststellbare nachteilige Veränderung einer natürlichen Ressource (Arten und natürliche Lebensräume, Gewässer und Boden) oder Beeinträchtigung der Funktion einer natürlichen Ressource". Diese haftungsrechtliche Begründung für die Beschädigung der Umwelt als solche stellt – wie Fränzer[9] zutreffend feststellt – einen Paradigmenwechsel im Umweltrecht dar.

 

Rz. 6

Nach den §§ 46 USchadG hat der Verantwortliche ein gestaffeltes Pflichtenkonzept zu beachten. Nach § 4 USchadG besteht eine Informationspflicht, bei der der Verantwortliche die zuständige Behörde unverzüglich über alle bedeutsamen Aspekte in Zusammenhang mit einem unmittelbar bevorstehenden oder bereits eingetretenen Umweltschaden zu unterrichten hat. Darauf aufsattelnd gründet § 5 USchadG für den Verantwortlichen die Verpflichtung, im Sinne einer Gefahrenabwehrpflicht die erforderlichen Vermeidungsmaßnahmen für den Eintritt eines Umweltschadens zu ergreifen. Wenn allerdings bereits ein Umweltschaden eingetreten ist, trifft den Verantwortlichen nach § 6 USchadG die Sanierungspflicht,[10] erforderliche Schadensbegrenzungsmaßnahmen vorzunehmen und die Sanierungen durchzuführen.

 

Rz. 7

Diese Pflichtentrias stellt für Verantwortliche ein gänzlich neues Haftungs- und Einstandsrisiko dar. In Anspruch genommen werden kann allerdings nur ein Verantwortlicher. Dies ist nach § 2 Nr. 3 USchadG "jene natürliche oder juristische Person, die eine berufliche Tätigkeit ausübt oder bestimmt, einschließlich der Inhaber einer Zulassung oder Genehmigung für eine solche Tätigkeit oder der Person, die eine solche Tätigkeit anmeldet oder notifiziert, und dadurch unmittelbar einen Umweltschaden oder die unmittelbare Gefahr eines solchen Umweltschadens verursacht hat". Damit stehen also nicht Privatpersonen für die Umweltschäden in der Haftung, sondern ganz überwiegend Unternehmer.[11]

 

Rz. 8

Da nach allgemeinen Haftpflichtbedingungen für die genannten Ausschlüsse der Ziff. 7.10, 7.14 AHB eine Nullstellung für Umweltrisiken geschaffen ist, dem Versicherungsnehmer dadurch also kein Deckungsschutz gewährt werden kann, sich zugleich die Umwelthaftpflichtversicherung nur auf die dort enumerativ aufgeführten Haftungsrisiken bezieht, war es notwendig, für die durch das USchadG geschaffenen Pflichten der Verantwortlichen ein neues Versicherungsmodell zu entwickeln. Da sich die Verpflichtungen über den klassischen Bereich des Haftpflichtrechts hinaus auch auf den eigenen Bereich des Versicherungsnehmers erstrecken können (insoweit also Sachversicherung) und die Pflichten des Verantwortlichen keine "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts"[12] darstellen, war es richtig und notwendig, hier ein eigenes und selbstständiges Versicherungskonzept zu schaffen. Dies ist mit der Umweltschadensversicherung gelungen, die insoweit losgelöst von den AHB, also nicht auf diesen beruhend,[13] einen besonderen Schutz für die durch das USchadG begründeten Verpflichtungen schafft. Folge dessen ist, dass eine Vielzahl von Klauseln der USV auch zugleich Wiederholungen der altbekannten AHB bzw...

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