Rz. 1

Die strategische Ausrichtung von Familienunternehmen zeichnet sich in aller Regel durch eine langfristige Orientierung und ein hohes Maß an gesellschaftlicher Verantwortung aus, die dem Streben nach kurzfristigen Profiten bzw. nach einer unbedingten Steigerung des Shareholder Value übergeordnet sind. Oftmals tragen auch die Verwurzelung in einer Region und/oder die Verantwortung gegenüber der Belegschaft zu einer Art der Unternehmensführung bei, die in Großkonzernen gegenüber den Aktionären nur schwer vermittelbar wäre. Das Interesse an der nächsten Ausschüttung tritt oft hinter dem Interesse an einem langfristigen Unternehmenserhalt zurück.

 

Rz. 2

Solange der Eigentümer (oder ein Vertreter aus dem Eigentümerkreis) die Geschäfte selbst führt, bildet der Einklang von geschäftlichen Zielen und Unternehmensstrategie der Eigentümerfamilie in der Regel kein Problem. Der für das operative Management verantwortliche Unternehmer hat den der Unternehmensstrategie zugrundeliegenden Wertekanon selbst (mit-)entwickelt und ist so von ihm durchdrungen, dass er sein unternehmerisches Handeln auch im Alltagsgeschäft, erst recht bei wesentlichen Entscheidungen im operativen Bereich, daran orientiert.

 

Rz. 3

Das gilt aber nicht in gleicher Weise für ein Fremdmanagement, dessen Aufgabe darin besteht, nicht die selbst gesetzten, sondern die von der Eigentümerfamilie vorgegebenen Ziele umzusetzen. Denn das, was aus rein kaufmännischer Sicht vielleicht vollkommen lege artis wäre (z.B. massiver Personalabbau oder eine Produktionsverlagerung in Niedriglohnländer), kann den strategischen Zielen der Eigentümer diametral entgegenstehen. Vor diesem Hintergrund ist es von nicht zu unterschätzender Bedeutung, von vornherein die Ziele, an denen sich ein Fremdmanager zu orientieren haben soll, klar festzulegen und zu kommunizieren. Nur Transparenz und Klarheit bei der Formulierung der gegenseitigen Erwartungen bieten eine reelle Chance auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Das setzt gleichzeitig auch eine genaue Definition der jeweiligen Entscheidungskompetenzen voraus. Und: pacta sunt servanda – diese Vereinbarungen müssen anschließend auch eingehalten werden. Die Entscheidungskompetenzen, die dem Geschäftsführer auf dem Papier eingeräumt wurden, müssen ihm nachher auch tatsächlich zugestanden werden.

 

Rz. 4

Transparenz und Verlässlichkeit sind sicherlich die wesentlichen Säulen einer gedeihlichen Kooperation. Gerade aber bei langfristigen Zielen der Unternehmenseigner, die über rein pekuniäre Interessen (Steigerung des Shareholder Value, Gewinnmaximierung etc.) hinausgehen oder diese sogar ausdrücklich – wenigstens teilweise – hintanstellen, sollte auch darauf geachtet werden, dass persönliche Loyalität und Integrität des Managements sich nicht zu dessen finanziellem Nachteil auswirken. Es erscheint wenig sinnvoll, einen Geschäftsführer, dem eine gewinnabhängige Tantieme (ohne weitere Vorgaben) zugesagt wurde, später von allen Maßnahmen zur Kostensenkung abzuhalten, weil diese mit einem seitens der Eigentümer nicht gewünschten Personalabbau verbunden wären. Strategische Vorgaben und Anreizsysteme sollten vielmehr aufeinander abgestimmt sein, um einen Gleichlauf der Interessen von Management und Eigentümern zu unterstützen und nicht zu untergraben.

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