Rz. 67

Die Aufhebungswirkung des § 2289 Abs. 1 S. 1 BGB entfällt, wenn der Erbvertrag aufgehoben, er durch Vorversterben des Bedachten oder Ausschlagung gegenstandslos wird, wenn vom Erbvertrag zurückgetreten wird oder wenn – beim Ehegattenerbvertrag – die Ehe geschieden wird bzw. bei der eingetragenen Lebenspartnerschaft diese aufgehoben wird (§ 15 LPartG). Haben sich Eheleute in einem Erbvertrag durch vertragliche Verfügung gegenseitig zu Alleinerben und ihr einziges Kind zum Schlusserben eingesetzt, so entfällt die vertragliche Bindung bezüglich der Einsetzung des Schlusserben mit der Scheidung der Ehe der Eltern, es sei denn, es lässt sich feststellen, dass sie bei Abschluss des Erbvertrags die Einsetzung des Kindes als Schlusserben auch für diesen Fall gewollt haben, §§ 2077 Abs. 1, Abs. 2, 2280, 2298 BGB.[72]

 

Rz. 68

Zur Frage der Wirksamkeit einer früheren Verfügung von Todes wegen bei Wegfall des erbvertraglich Bedachten hat das OLG Zweibrücken mit Beschl. v. 4.3.1999[73] entschieden:

Zitat

"Ist der in einem Erbvertrag vertragsmäßig Bedachte vor Eintritt des Erbfalls verstorben, so kann eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers das Recht des Bedachten nicht beeinträchtigen und behält deshalb grundsätzlich ihre Wirkung. Etwas anderes gilt dann, wenn sich aus dem Erbvertrag der Wille des Erblassers entnehmen lässt, die früher getroffene Verfügung von Todes wegen in jedem Falle aufzuheben."

Dem liegt folgender Gedanke zugrunde: Nach § 2289 Abs. 1 S. 1 BGB wird durch den Erbvertrag eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers aufgehoben, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde. Entscheidend für das Vorliegen einer Beeinträchtigung ist nach herrschender Ansicht nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern derjenige des Erbfalls. Nur dann, wenn der Bedachte auch wirklich Erbe geworden ist, kommt es zu einer Beeinträchtigung seines Rechts. Hingegen kann eine Beeinträchtigung nicht mehr eintreten, wenn der Erbvertrag bereits vor dem Erbfall gegenstandslos wird, weil der Bedachte wegfällt. Bei einem Vorversterben des Bedachten behält eine frühere Verfügung von Todes wegen grundsätzlich ihre Wirkung.[74]

[72] OLG Hamm FamRZ 1994, 994 = ZEV 1994, 367.
[73] OLG Zweibrücken ZEV 1999, 439.
[74] Zum Meinungsstand siehe Anm. Kummer, ZEV 1999, 440; Keim, ZEV 1999, 413.

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