Rz. 64

Nach § 352 Abs. 3 S. 2 FamFG kann das Nachlassgericht auf die Vorlage von öffentlichen Urkunden verzichten, wenn diese gar nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen sind. In diesen Fällen genügt die Vorlage anderer Beweismittel.

Nach einer Entscheidung des OLG Schleswig soll ein hoher Zeitaufwand allein nicht für das Vorliegen unverhältnismäßiger Schwierigkeiten genügen. Steht jedoch der hohe Zeitaufwand in einem krassen Missverhältnis zum Nachlasswert und ist der Antragsteller bereits in einem hohen Alter, können unverhältnismäßige Schwierigkeiten "diskutiert" werden.[54]

Sterbeurkunden sind regelmäßig beschaffbar, wenn eine Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz möglich ist. Nicht beschaffbar sind Urkunden von Standesämtern, die im Zweiten Weltkrieg zerstört worden sind.[55] Gleiches soll für Urkunden von Personen gelten, die aus Gebieten stammen, in denen im Zweiten Weltkrieg Kampfhandlungen stattgefunden haben (z.B. Ostpreußen[56]). Unter Umständen können zerstörte oder abhanden gekommene Urkunden aus den Gebieten, die nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr deutscher Gerichtsbarkeit unterfallen (z.B. Ostgebiete), nach § 6 ZustErgG ersetzt werden.

 

Rz. 65

An die anderen Beweismittel werden hohe Anforderungen gestellt. Sie müssen verlässliche Informationen zu den erforderlichen Angaben des Erbscheins enthalten.[57] Als weitere Beweismittel kommen in Betracht:[58] Zeugenbeweis, ältere Familienstammbücher, eidesstattliche Versicherungen, unbeglaubigte Fotokopien von öffentlichen Urkunden, nichtöffentliche Urkunden wie Ahnenpässe, Taufscheine, kirchliche Urkunden vor 1876, Bescheinigungen von Meldeämtern, Fotos von Grabsteinen, Todesanzeigen, Sterbebilder usw.

[54] OLG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 15.2.2013 – 3 Wx 113/12, Rn 11, NJW-RR 2013, 1166.
[58] Keidel/Zimmermann, FamFG, § 352 Rn 68 m.w.N.

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