Rz. 173

Mit der Entscheidung des BGH[269] zur Sittenwidrigkeit bzw. Inhaltskontrolle von Eheverträgen ist die Ausarbeitung von Unternehmer-Eheverträgen nicht gerade einfacher geworden. Zunächst sollen der Inhalt der Entscheidung und die Auswirkungen kurz dargestellt werden, wobei auf die Ausführungen von Wachter[270] Bezug genommen wird.

 

Rz. 174

Den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts hat der BGH mit Hilfe eines Stufenmodells bestimmt und damit eine Rangordnung zwischen den einzelnen Ansprüchen geschaffen. Grundlage dieser Rangordnung ist die Bedeutung der einzelnen Scheidungsfolgenregelung für den jeweiligen Berechtigten. Der größte Schutz kommt dabei dem nachehelichen Unterhalt zu, da dieser den laufenden Lebensunterhalt absichert. Im Einzelnen lässt sich nach Wachter die vom BGH aufgestellte Rangordnung wie folgt zusammenfassen:

1. Rang (Kindesbetreuungsunterhalt [§ 1570 BGB]):

Der Kindesbetreuungsunterhalt gehört zum unmittelbaren Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts. Eine vollständige vertragliche Abbedingung ist wohl nicht möglich. Dagegen ist eine Modifikation des Unterhaltsanspruchs (bspw. von Höhe und Dauer) nicht in allen Fällen ausgeschlossen.

2. Rang (Unterhalt wegen Alters [§ 1571 BGB] oder Krankheit [§ 1572 BGB]):

Diese Unterhaltsansprüche werden gleichfalls dem Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts zugerechnet. Eine vertragliche Abbedingung ist insb. dann möglich, wenn die Ehe im Alter oder nach Ausbruch der Krankheit geschlossen wird.

3. Rang (Versorgungsausgleich [§§ 1587 ff. BGB]):

Der Versorgungsausgleich (§§ 1587 ff. BGB) steht als vorweggenommener Altersunterhalt an sich "auf der selben Stufe" wie der Altersunterhalt (§ 1571 BGB). Allerdings ist der Versorgungsausgleich auch mit dem Zugewinnausgleich verwandt, da er der Teilhabe an dem in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögen dient. Bei "deutlich gehobenen Versorgungsverhältnissen" kann dies im Einzelfall eine weitergehende vertragliche Modifizierung ermöglichen.

4. Rang (Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit [§ 1573 Abs. 1 BGB]):

Der Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit ist nachrangig, da der Berechtigte schon nach der gesetzlichen Regelung das Arbeitsplatzrisiko trägt, sobald er einen nachhaltig gesicherten Arbeitsplatz gefunden hat (§ 1573 Abs. 4 BGB). Dieser Unterhaltsanspruch kann in jedem Fall zeitlich begrenzt werden (§ 1573 Abs. 5 BGB). Eine Begrenzung der Unterhaltshöhe (vgl. § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB) und ein vollständiger Ausschluss sind grundsätzlich gleichfalls möglich.

5. Rang (Krankenvorsorge- und Altersvorsorgeunterhalt [§ 1578 Abs. 2 und 3 BGB]):

Der Unterhaltsanspruch umfasst grundsätzlich auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit oder des Alters. Der Umfang des Unterhaltsanspruchs ist einer vertraglichen Regelung aber weitgehend zugänglich. Er ist gegenüber dem Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB) oder Krankheit (§ 1572 BGB) nachrangig.

6. Rang (Aufstockungsunterhalt [§ 1573 Abs. 2 BGB] und Ausbildungsunterhalt [§ 1575 BGB]):

Diese Unterhaltstatbestände sind vom Gesetz am schwächsten ausgestaltet und können daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach vertraglich geregelt werden. Darüber hinaus erscheint auch ein vollständiger Verzicht in vielen Fällen für vertretbar.

7. Rang (Zugewinnausgleich [§§ 1378 ff. BGB]):

Der Zugewinnausgleich ist einer vertraglichen Regelung am weitesten zugänglich. Eine wechselseitige Beteiligung der Ehegatten am Vermögen des anderen ist gesetzlich nicht geboten. Die gleichmäßige Beteiligung der Ehegatten am gemeinsam erwirtschafteten Vermögen beruht auf einer gesetzlichen Fiktion, die von den Ehegatten im Einzelfall modifiziert oder ausgeschlossen werden kann. Im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der Versorgungslage der Ehegatten kann allerdings auch die Vermögenszuordnung zu berücksichtigen sein.

[269] BGH NJW 2004, 930 = FamRZ 2004, 601 m. Anm. Borth = ZNotP 2004, 155 = FF 2004, 79 = RNotZ 2004, 150 = NotBZ 2004, 147 = FamRB 2004, 105 = MittBayNot 2004, 270 m. Anm. Brandt. Siehe dazu Brandt, MittBayNot 2004, 221; Dauner-Lieb, FF 2004, 65; Flick/v. Oertzen, FAZ Nr. 103 v. 4.5.2004, S. 23; Grziwotz, FamRB 2004, 199 (Teil I) u. 239 (Teil II); Hahne, DNotZ 2004, 84 (bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidung); Haußleiter/Schiebel, NJW Spezial 1/2004, 7; Klam, INF 2004, 315; Koch, NotBZ 2004, 147; Mayer, FPR 2004, 363; Münch, ZNotP 2004, 122; Rakete-Dombek, NJW 2004, 1273.
[270] Wachter, ZErb 2004, 238 ff.

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