Rz. 193

Nach § 1767 BGB wird bei der Volljährigenadoption eine "sittliche Rechtfertigung" verlangt. Das Familiengericht prüft somit insbesondere, ob zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist. Im Unterschied zur Minderjährigenadoption muss also bereits ein derartiges Verhältnis bereits vorliegen. Zusätzlich wird auch die Position der bereits vorhandenen Kinder der Annehmenden (und gegebenenfalls des Anzunehmenden) berücksichtigt. Wegen § 1769 BGB darf Annahme nicht ausgesprochen werden, wenn deren überwiegende Interessen entgegenstehen.

 

Rz. 194

Für den Fall, dass der Annehmende während des gerichtlichen Verfahrens verstirbt, sollte der beurkundende Notar immer auch beauftragt werden, den Antrag bei Gericht einzureichen. Dann kann der Ausspruch der Annahme durch das Gericht auch noch nach dessen Tod erfolgen (vgl. §§ 1753, 1767 BGB). Nicht möglich ist die Annahme an Kindes statt nur eines von zwei (lebenden) Eheleuten als Annehmende. Es müssen beide Eheleute die Person an Kindes statt annehmen.

 

Rz. 195

Krämer/Voigt[275] haben folgende Übersicht für von der Rechtsprechung bislang zugelassene Hauptmotive aufgestellt:

wechselseitiger erheblicher und auf Dauer angelegter Beistand bei oder nach außerordentlichen Belastungen
Pflege- und Unterstützungsbedürftigkeit des Annehmenden im Alter
Fortsetzung des Lebenswerkes des Annehmenden
sog. "nachgeholte Minderjährigenadoption"
Adoption von Pflege- und Stiefkindern.

Als unzulässige Hauptmotive, die allenfalls Nebenmotive darstellen, wurden nach Krämer/Voigt[276] u.a. angesehen:

finanzielle Absicherung des Anzunehmenden
Erlangung erbschaftsteuerlicher Vorteile
Erlangung aufenthaltsrechtlicher Vorteile
Fortführung eines bestimmten Familiennamens
Veränderung der Erb- und Pflichtteilsfolge.
 

Rz. 196

In den Adoptionsantrag, der nach § 1763 Abs. 3 BGB ebenfalls notariell zu beurkunden ist, ist daher eine eingehende Schilderung des bisherigen persönlichen Umgangs zwischen den Beteiligten aufzunehmen. Dabei sollten z.B. übereinstimmende Interessen, Hobbys, Weltanschauungen etc. geschildert und die Situation des sonstigen familiären Umfelds aufgenommen werden, damit dem Gericht die Prüfung der sittlichen Rechtfertigung erleichtert wird. In der Praxis hat sich insbesondere die Beifügung von Fotos von gemeinsamen Unternehmungen wie Urlauben und Feiern etc. bewährt, um den eigenen Sachvortrag zu stützen.

[275] ZEV 2020, 468 mit zahlreichen Rspr.-Hinweisen.
[276] ZEV 2020, 468.

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