Rz. 86

Maßnahmen zur Reduzierung oder Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen[77] kommt daher im Zusammenhang mit der Planung der Unternehmensnachfolge eine herausragende Bedeutung zu.[78] Am wirkungsvollsten und sichersten ist dabei der Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrages (§ 2346 Abs. 2 BGB). Der Pflichtteilsverzichtsvertrag kann dabei entweder umfassend oder im Hinblick auf einzelne Nachlassgegenstände (z.B. eine Beteiligung an einer Gesellschaft) erklärt werden.

 

Rz. 87

Bei einem gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichtsvertrag kommt der Abgrenzung zwischen den einzelnen Nachlassteilen besondere Bedeutung zu.[79] Eine Bezugnahme auf den steuerrechtlichen Begriff des Betriebsvermögens erscheint dabei nicht unproblematisch, da der Erblasser dann durch die (bewusste) Umwandlung von Privatvermögen in Betriebsvermögen (z.B. die Errichtung einer gewerblich geprägten Personengesellschaft, die Begründung einer Betriebsaufspaltung oder von Sonderbetriebsvermögen) den Anwendungsbereich des Pflichtteilsverzichtsvertrages einseitig erweitern könnte. Im Übrigen erscheint es wenig sachgerecht, wenn die steuerrechtliche Einordnung als Privat- oder Betriebsvermögen für die Reichweite des zivilrechtlichen Pflichtteilsverzichtsvertrages maßgebend sein soll.

Muster 23.5: Gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzichtsvertrag

 

Muster 23.5: Gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzichtsvertrag

_________________________ verzichtet mit Wirkung für sich und seine Abkömmlinge gegenüber dem Erblasser auf das gesetzliche Pflichtteilsrecht einschließlich des Ergänzungs- und Zusatzpflichtteils insoweit, als bei der Nachlassbewertung zum Zwecke der Pflichtteilsberechnung die folgenden Vermögensgegenstände außer Betracht bleiben sollen:

1. Die Kommanditbeteiligung des Erblassers an der _________________________-GmbH & Co. KG, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts _________________________ unter HRA (Anschrift: _________________________) mit einer Hafteinlage i.H.v. _________________________ EUR, einschließlich aller damit verbundenen Rechte und Ansprüche sowie die vom Erblasser an die Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überlassenen Gegenstände, insbesondere das Grundstück Flurstück Nr. _________________________, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts _________________________ für _________________________, Band _________________________ Blatt _________________________.
2. Die Beteiligung des Erblassers an der Komplementär-GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts _________________________ unter HRB (Anschrift: _________________________) mit einem Nennbetrag i.H.v. _________________________ EUR, Geschäftsanteil mit der Nummer _________________________ laut Gesellschafterliste, einschließlich aller damit verbundenen Rechte und Ansprüche.
3. Alle sonstigen Beteiligungen des Erblassers an in- und ausländischen Gesellschaften unabhängig von deren Rechtsform; zu den Gesellschaftsbeteiligungen gehören jeweils auch alle damit verbundenen Rechte und Ansprüche, insbesondere die Ansprüche auf Gesellschafterkonten und Darlehensansprüche gegen die Gesellschaften.

Dagegen umfasst der vorbezeichnete Pflichtteilsverzicht insbesondere nicht Beteiligungen an Gesellschaften, die ausschließlich vermögensverwaltend tätig sind. Dies gilt auch dann, wenn die Beteiligungen steuerrechtlich zum Betriebsvermögen gehören sollten.

Der Erblasser nimmt diesen gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht an.

 

Rz. 88

Ein Pflichtteilsverzichtsvertrag wird im Regelfall nur gegen Zahlung einer fairen Abfindung zu erreichen sein. Art, Höhe und Fälligkeit der Abfindung können die Beteiligten frei vereinbaren. Die Abfindung muss nicht notwendigerweise in Bargeld bestehen. Vielmehr kommt auch die Übertragung von Sachwerten oder die Einräumung einer (Unter-)Beteiligung in Betracht. Auf diese Weise kann den berechtigten Interessen des Erblassers an der Schonung der ohnehin meist knappen Liquidität Rechnung getragen werden. Aber auch aus Sicht des Pflichtteilsberechtigten kann eine Abfindung in Sachwerten von Interesse sein. Eine Barabfindung ist von dem Pflichtteilsberechtigten stets mit dem vollen Nominalwert zu versteuern (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Wird dem Pflichtteilsberechtigten dagegen ein Sachwert übertragen, kommt bei der Erbschaftsteuer u.U. eine steuerliche Verschonung (s. §§ 13a ff. ErbStG) zur Anwendung.

 

Rz. 89

Bei der Bestimmung der Höhe der Abfindung sollte u.a. auch berücksichtigt werden, dass das unternehmerische Vermögen regelmäßig mit einer besonderen Verantwortung verbunden ist (z.B. Erhalt von Arbeitsplätzen, gewerberechtliche Auflagen, langfristige Abnahmeverpflichtungen und Lieferbeziehungen) und zahlreichen sonstigen Bindungen unterliegt (z.B. Steuerlasten). Die Abfindung steht dem Pflichtteilsberechtigten dagegen sofort zur freien Verfügung.

 

Rz. 90

Vielfach werden Pflichtteilsverzichtsverträge lediglich mit den weichenden Erben und nicht auch mit dem potentiellen Unternehmensnachfolger abgeschlossen. Dies ersc...

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