Rz. 90

 

Beispiel 30

A, B und C sind Miterben nach ihrem verstorbenen Vater. Erbschaftssteuerbescheide sind nicht ergangen, obwohl es Anzeigen gemäß § 33 ErbStG gegeben hat. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Freibeträge nicht ausgeschöpft waren. Im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kommt es zur Klage, in der die A beweisen will, dass die beiden Brüder und Miterben Gelder auf Konten unterschlagen haben. Das Finanzamt verweigert die Akteneinsicht.[152]

Die Abgabenordnung enthält keine Regelung über die Akteneinsicht, so dass ein allgemeines Akteneinsichtsrecht nicht besteht.[153] Die Akteneinsicht der Erben steht vielmehr im Ermessen der Finanzbehörde[154] und wird aber regelmäßig nicht durch § 30 AO begrenzt. Den Gesamtrechtsnachfolgern stehen grundsätzlich dieselben Rechte zu wie dem Erblasser; eine Einschränkung dergestalt, dass Akteneinsichten nur für steuerliche Zwecke zulässig seien, findet im Gesetz keine Grundlage.[155] Grundsätzlich gilt: Selbst wenn nur ein Miterbe die begehrte Akteneinsicht für die Erbengemeinschaft gelten macht, besteht in entsprechender Anwendung des § 2039 BGB ein solcher Anspruch.[156] Dennoch wurde im Fallbeispiel 30 die Ablehnung des Akteneinsichtgesuchs im Klageverfahren bestätigt. Bei der Überlassung von Kopien der von Kreditinstituten gemäß § 33 ErbStG eingereichten Anzeigen handelt es sich danach nicht um einen zum Nachlass gehörenden Anspruch; selbst ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung gebe es nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht mehr. Da dieses mit "steuerfrei" abgeschlossen wurde, bestünde keinerlei Anspruch (mehr).[157]

[152] BFHE 228, 139.
[153] BFH BStBl II 1985, S. 571.
[157] BFH, Urt. v.23.2.1010, BFHE 228, 139.

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