(1) Einleitung
Rz. 57
Die Berücksichtigung der Kosten der Zwangsvollstreckung bestimmt sich zunächst nach § 788 ZPO. Eines besonderen Vollstreckungstitels bedarf es danach für die Vollstreckung der Kosten der Zwangsvollstreckung nicht. Soweit diese notwendig waren, fallen sie nach § 788 Abs. 1 ZPO kraft Gesetzes dem Schuldner zur Last und sind mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben.
Rz. 58
Allerdings kann es aus unterschiedlichen Gründen sinnvoll sein, die Kosten der Zwangsvollstreckung nach § 788 Abs. 2 ZPO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO festsetzen zu lassen. Zum einen entfällt damit das Erfordernis, die Kosten bei jedem Vollstreckungsauftrag unter Übersendung aller Einzelbelege dem jeweiligen Vollstreckungsorgan vorzulegen, was einen nicht unerheblichen Aufwand verursachen kann und eine kaum wiederbringliche Verlustgefahr in sich birgt. Zum anderen entzieht diese Verfahrensweise dem konkreten Vollstreckungsorgan die immer wiederkehrende Beurteilung der Notwendigkeit der Vollstreckungskosten mit den damit verbundenen Wertungen.
Rz. 59
Hinweis
Insoweit kann es für den Gläubiger sinnvoll sein, die Kosten der Zwangsvollstreckung immer dann festsetzen zu lassen, wenn die Zwangsvollstreckung in dem Bezirk eines Amtsgerichtes erfolgt, in dem seinen Interessen in besonderer Weise Rechnung getragen wird.
Rz. 60
Allerdings gibt es auch Gründe, die gegen eine solche Festsetzung sprechen. Die festgesetzten Kosten können nämlich nicht im Wege der elektronischen Antragstellung nach §§ 829a, 754a ZPO verfolgt werden. Hier ist nur der Vollstreckungsbescheid als Titel statthaft. Da aber hier ohnehin eine Grenze von 5.000 EUR beachtlich ist, steht der Festsetzung bei höheren Forderungen nichts im Wege.
Rz. 61
Ob eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme notwendig[89] ist, Kosten somit erstattungsfähig sind, bestimmt sich nach dem Standpunkt des Gläubigers zu dem Zeitpunkt, in dem die Kosten durch die Vollstreckungsmaßnahme verursacht wurden.[90] Wesentlich ist, ob der Gläubiger die Maßnahme objektiv für erforderlich halten durfte.[91] Daran kann es bei verfrühten Vollstreckungsmaßnahmen fehlen, d.h. wenn dem Schuldner zunächst keine Möglichkeit gegeben wurde, die titulierte Forderung zu begleichen.
Der Gläubiger muss einen angemessenen[92] Zeitraum zur freiwilligen Erfüllung der titulierten Forderung verstrichen lassen haben. Nur dann sind die Kosten der Zwangsvollstreckungsmaßnahme erstattungsfähig. Dies gilt insbesondere bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die an den Eintritt der Rechtskraft des zu vollstreckenden Titels anknüpfen.[93]
(2) Anwaltliches Aufforderungsschreiben
Rz. 62
Streitig ist, wann durch ein anwaltliches Aufforderungsschreiben eine Vollstreckungsgebühr entsteht. Teilweise wird vertreten, dass dies erst dann der Fall ist, wenn im Zeitpunkt des Aufforderungsschreibens sämtliche Vollstreckungsvoraussetzungen, insbesondere die Zustellung des Titels, vorliegen.[94] Eine vorherige Zahlungsaufforderung führt demnach bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen auch nicht zu einer Erstattungsfähigkeit durch den Schuldner.
Rz. 63
Der BGH hat sich aber für einen anderen Weg entschieden. Eine anwaltliche Vollstreckungsgebühr für eine an den Schuldner gerichtete Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung ist – abgesehen von den Fällen des § 798 ZPO – danach bereits dann erstattungsfähig, wenn der Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels im Besitz hat und dem Schuldner zuvor ein angemessener Zeitraum zur freiwilligen Erfüllung zur Verfügung stand.[95]
Die Zahlungsaufforderung durch einen Rechtsanwalt stellt sich gegenüber der Durchführung der Zwangsvollstreckung als das schonendere Mittel dar. Alternativ könnte der Gläubiger den Titel verbunden mit einem Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher, zustellen, § 750 ZPO, was in jedem Fall die Vollstreckungsgebühr auslösen würde.
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