aa) Einleitung

 

Rz. 135

Ist die Kostenfestsetzung nach dem Abschluss der ersten Instanz erfolgt, die erstinstanzliche Kostengrundentscheidung aber im Rechtsmittelverfahren geändert worden, muss auch die Kostenhöheentscheidung wieder geändert werden. Man spricht in diesem Fall von der Rückfestsetzung. In der Praxis kommt ihr durchaus eine große Bedeutung zu.

 

Rz. 136

 

Hinweis

Auf die häufig vom Gegner und Kostenschuldner geäußerte Bitte, die Kostenfestsetzung zurückzustellen, weil ein Rechtsmittel eingelegt wurde, muss sich die erstattungsberechtigte Partei nicht einlassen. Vielmehr sollte schon zur Minderung des späteren Insolvenz- und Beitreibungsrisikos des Gegners die Kostenfestsetzung konsequent verfolgt werden.

bb) Die Voraussetzungen der Rückfestsetzung

 

Rz. 137

Durch die die Ausgangsentscheidung ändernde Rechtsmittelentscheidung entfällt die Rechtsgrundlage für den bisherigen Kostenfestsetzungsbeschluss. Es fehlt nun an dem "zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel" i.S.d. § 103 Abs. 1 ZPO.[168] Der obsiegenden Partei des Rechtsmittelverfahrens ist es daher zuzumuten, anstatt des Vorgehens im Klageweg den einfacheren, schnelleren und kostenfreien Weg des Rückfestsetzungsverfahrens zur Erlangung eines Titels einzuschlagen. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage ist daher nicht anzuerkennen.[169]

 

Rz. 138

Ein Anspruch auf eine Rückfestsetzung von Kosten besteht auch im Falle der Erledigung der Hauptsache im weiteren Erkenntnisverfahren, wenn zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass eine Partei einen aufgrund des gegenstandslos gewordenen Titels gezahlten Betrag zurückzuzahlen hat.[170]

 

Rz. 139

Wurde der ursprüngliche Titel durch einen Prozessvergleich aufgehoben bzw. abgeändert, erfolgt eine Rückfestsetzung, wenn sich hierdurch eine abweichende Kostenregelung ergibt.[171] Dies kann sich schon ergeben, wenn der Vergleich keine Kostenregelung enthält, da dann § 98 ZPO zur Anwendung kommt. Die Auslegung einer missverständlichen Kostenregelung im Vergleich erfolgt im Kostenfestsetzungsverfahren.[172]

 

Rz. 140

Wird nachträglich die richterliche Entscheidung zum Streitwert abgeändert oder aber der Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben, abgeändert oder nach § 319 ZPO berichtigt, so richtet sich der Anspruch auf Rückerstattung zu viel erstatteter Kosten nach §§ 812 ff. BGB unter Anwendung der Regelungen des Kostenfestsetzungsverfahrens.[173]

 

Rz. 141

Im Rahmen der Kostenrückfestsetzung kann einmal der zu Unrecht festgesetzte und bereits erstattete Anspruch aufgrund des ehemaligen Kostenfestsetzungsbeschlusses als zu erstatten festgesetzt werden.[174] Zusätzlich hierzu können auch noch Zinsleistungen verlangt werden und zwar ab Einreichung des Rückfestsetzungsantrags.[175] Für den davor liegenden Zeitraum sind Zinsen nur dann festzusetzen, wenn solche auf den später wirkungslos gewordenen ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlt worden sind.[176]

 

Rz. 142

Darüber hinaus können auch Kosten der Zwangsvollstreckung im Wege der Rückfestsetzung verlangt werden.[177] Denn hierbei handelt es sich ebenfalls um Kosten, die auf der Grundlage des aufgehobenen Titels gezahlt wurden. Somit gelten die Erwägungen, aus denen sich die Zulässigkeit der Rückfestsetzung der aufgrund des früheren Titels gezahlten Kosten des Rechtsstreits ergibt, in gleicher Weise für die Durchsetzung des Rückerstattungsanspruchs des Schuldners wegen von ihm gezahlter Kosten der vom Gläubiger betriebenen Zwangsvollstreckung. Wenn der Gläubiger daher solche Kosten nach § 788 Abs. 1 ZPO ohne Weiteres beitreiben oder sich jedenfalls festsetzen lassen kann, so muss es dem Schuldner umgekehrt ebenfalls gestattet sein, nach Wegfall des für die Vollstreckung maßgebenden Titels seinen Rückerstattungsanspruch aus § 788 Abs. 2 ZPO im Wege der vereinfachten Kostenfestsetzung durchzusetzen.[178]

 

Rz. 143

 

Hinweis

Unter solche Kosten fallen allerdings nur die vom Gläubiger nach § 788 Abs. 1 ZPO beigetriebenen Vollstreckungskosten, nicht hingegen die durch die Vollstreckung verursachten eigenen Kosten des Schuldners. Diese können daher, selbst wenn der Erstattungsanspruch aus § 788 Abs. 2 ZPO festsetzbar sein sollte, nur im anhängigen Rechtsstreit nach § 717 Abs. 2 ZPO oder durch selbstständige Klage geltend gemacht werden.[179]

[168] OLGR Hamm 2003, 14 f.: ursprünglicher Kostenfestsetzungsbeschluss verliert ohne Weiteres seine Wirkung; lediglich deklaratorisch ist dies zur Rechtssicherheit nochmals auszusprechen; OLG Düsseldorf BauR 2001, 449 f.
[169] OLG Düsseldorf BauR 2001, 449 f.; LG Frankenthal WRP 2000, 1326 f.; a.A. BGHZ 111, 168.
[170] LG Frankenthal WRP 2000, 1326 f.
[171] OLG München, Beschl. v. 30.8.2005 – 11 W 1695/05 n.v.; OLG Hamburg JurBüro 1996, 593 m.w.N.; Hansens, Renopraxis 2003, 68 m.w.N.
[172] OLGR Hamm 2003, 14 f.
[173] OLG Düsseldorf BauR 2001, 141 m.w.N. und JurBüro 1988, 626 f.
[175] OLG Koblenz AGS 2012, 198 = MDR 2012, 51; OLGReport Zweibrücken 2005, 94.
[176] OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.8.2004 – 4 W 102/04, 4 W 103/04, OLGR Zweibrücken 2005, 94; KG Berlin, Bes...

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