I. Allgemeines

 

Rz. 1

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss jeder Klagantrag hinreichend bestimmt sein (siehe dazu Rdn 75 f.). Nichts anderes gilt für die Inhaber eines erbrechtlichen Anspruchs. Sie müssen in der Lage sein, Zahlungsanträge konkret zu beziffern, den Gegenstand eines Herausgabeanspruchs also vollstreckungsfähig zu beschreiben etc.

 

Rz. 2

Unter anderem mit Blick auf die erst mit dem Erbfall erlangte Rechtsposition gewährt das materielle Recht den Berechtigten eine Vielzahl von Auskunftsansprüchen. Diese dienen der Vorbereitung des eigentlichen Begehrens (Zahlung, Herausgabe etc.). Auskunftsansprüche sind ebenso vielgestaltig wie verstreut. Für den Anwender macht dies eine breite Kenntnis von Gesetz und Rechtsprechung erforderlich.

II. Gesetzlich geregelte Auskunftsansprüche

 

Rz. 3

Für eine Vielzahl von Konstellationen finden sich Auskunftsansprüche unmittelbar im Fünften Buch des BGB. Positivrechtlich sind originär erbrechtliche Auskunftsansprüche für die folgenden Fallkonstellationen normiert:

Miterben untereinander über auszugleichende Vorempfänge (§ 2057 BGB),
Erben gegen Erbschaftsbesitzer über den Bestand der Erbschaft und den Verbleib von Erbschaftsgegenständen (§§ 2027 Abs. 1, 2018 BGB),
Erben gegen Besitzstörer über den Verbleib aus dem Nachlass genommener Sachen (§ 2027 Abs. 2 BGB),
Erben gegen Hausgenossen über von diesen geführte erbschaftliche Geschäfte und den Verbleib von Erbschaftsgegenständen (§ 2028 BGB),
nichterbende Pflichtteilsberechtigte gegen Erben über den Bestand und Wert des realen Nachlasses (§ 2314 BGB),[1]
Nacherben gegen Vorerben über den Bestand der Erbschaft (§ 2127 BGB) bzw. auf Erteilung eines Verzeichnisses der Erbschaftsgegenstände (§ 2121 BGB),[2]
endgültige Erben gegen vorläufige Erben wegen getroffener Verfügungen über Nachlassgegenstände (§§ 1959, 681, 666 BGB),
Erben gegen Testamentsvollstrecker über den Stand der Testamentsvollstreckung (§§ 2218, 666 BGB).
 

Rz. 4

Ergänzt wird dieses System von erbrechtlichen Auskunftsansprüchen im engeren Sinne durch

Rechenschaftsansprüche (z.B. § 2130 Abs. 2 BGB),
Verzeichnisansprüche (z.B. § 2121BGB) sowie
Einsichtsrechte (z.B. § 13 FamFG).
 

Rz. 5

Weitere Anspruchsgrundlagen finden sich in Nebengesetzen (z.B. § 13 Abs. 10 HöfeO) oder folgen für einzelne Berechtigte aus der Rechtsnachfolge nach dem Erblasser gegenüber sonstigen Dritten (z.B. § 1922 BGB i.V.m. Banken-AGB).

[1] OLG Naumburg ZEV 2015, 114, hat entschieden, dass der pflichtteilsrechtliche Auskunftsanspruch auch demjenigen zusteht, der wirksam nach § 2306 BGB ausgeschlagen hat (a.A. noch OLG Celle ZEV 2006, 557 m. abl. Anm. Damrau).
[2] Zwischen den Ansprüchen auf Auskunft und Verzeichniserteilung gibt es keinen inhaltlichen Unterschied (OLG Karlsruhe NJW-RR 2017, 904 = ErbR 2017, 569).

III. Durch Richterrecht anerkannte Auskunftsansprüche

 

Rz. 6

Es kommt vor, dass das Informationsbedürfnis der an einem Erbfall Beteiligten lediglich unzureichend oder gar nicht befriedigt wird. Das normierte Auskunftssystem des Erbrechts ist weder abschließend noch ausreichend.[3] Vor diesem Hintergrund hat die Rechtsprechung den Anwendungsbereich der Auskunftsansprüche erweitert und wendet die Normen, soweit nötig und möglich, analog an oder greift ergänzend auf § 242 BGB zurück.

 

Rz. 7

Zu den von der Rechtsprechung entwickelten erbrechtlichen Auskunftsansprüchen gehören im Einzelfall beispielsweise diejenigen

des Nacherben gegen den Vorerben, ob freie Gelder mündelsicher angelegt worden sind (§ 242 BGB)[4]
nichterbender Pflichtteilsberechtigter gegen den Erben über den Bestand und Wert des fiktiven Nachlasses (§ 2314 BGB)[5]
des Nacherben gegen den Vorerben bzw. den Beschenkten wegen Schenkungen des Vorerben an Dritte (§ 2314 BGB analog)[6]
des Vertragserben gegen den/die Erwerber wegen möglicherweise beeinträchtigender Rechtsgeschäfte, wenn die Voraussetzungen für das Bestehen eines Anspruchs nach § 2287 BGB hinreichend dargetan werden (§ 242 BGB);[7] das gilt gleichermaßen für bindend eingesetzte Schlusserben gegen mutmaßlich Beschenkte[8]
des aus einem echten Vertrag zugunsten Dritter ursprünglich Berechtigten gegen die Erben des Vertragspartners wegen einer etwaigen Änderung des Bezugsrechts[9]
des weichenden Miterben gegen den Hoferben wegen der Bemessungsgrundlage eines ernstlich in Betracht kommenden Abfindungsanspruchs (§ 242 BGB)[10]
des Testamentsvollstreckers, der die Nachlassauseinandersetzung vorzunehmen hat, gegen alle Miterben über ausgleichungspflichtige Vorempfänge aus § 2057 BGB[11]
von Miterben gegeneinander bei disquotaler Teilungsanordnung bezüglich des Werts des dem anderen zugewiesenen Nachlassgegenstandes (§ 242 BGB)[12]
des Vermächtnisnehmers gegen den/die Erben über den Bestand und Wert des Nachlasses, wenn dies zur Feststellung und Durchsetzung des Vermächtnisanspruchs notwendig ist (§ 242 BGB).[13]
 

Rz. 8

Eine auf § 242 BGB gestützte Auskunftsverpflichtung kommt trotz der vorsichtigen Öffnung der Rechtsprechung nach wie vor nur in absoluten Ausnahmefällen in Betracht. Der auf Treu und Glauben gestützte Auskunftsanspruch ist subsidiär und...

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