Rz. 184

Ein besonderes Verfahren zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit ist im steuerlichen Gemeinnützigkeitsrecht nicht vorgesehen. Ob eine Körperschaft steuerbegünstigt ist, entscheidet das Finanzamt im Veranlagungsverfahren spätestens alle drei Jahre. Das Finanzamt ermittelt von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse. Wenn nach dieser Prüfung die Voraussetzungen einer steuerbegünstigen Körperschaft vorliegen, muss diese auch als solche behandelt werden unabhängig davon, ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist.[305]

 

Rz. 185

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes hat der Gesetzgeber zum 29.3.2013 ein Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Steuerbefreiungen eingeführt, vgl. § 60a AO:

Die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach §§ 51, 59, 60 und 61 AO wird danach gesondert festgestellt. Die Feststellung ist für die Besteuerung der Körperschaft und der Steuerpflichtigen, die eine Zuwendung (Spenden und Mitgliedsbeiträge) an die Körperschaft erbringen, bindend. Diese Feststellung löst das vorherige Verfahren der vorläufigen Bescheinigung ab. Da die Entscheidung einen Verwaltungsakt darstellt, sind die Rechtsschutzmöglichkeiten der Körperschaften, deren Antrag nicht entsprochen wurde, im Vergleich deutlich verbessert.[306] Ein weiterer Vorteil gegenüber dem früheren Verfahren ist, dass die Entscheidung für alle Steuerarten einheitlich getroffen wird. Da auf Antrag der Stiftung auch außerhalb des Veranlagungsverfahrens ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist, hat die Körperschaft – etwa nach einer erfolgten Satzungsänderung – die Möglichkeit, feststellen zu lassen, dass ihre Satzung den gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen genügt.

 

Rz. 186

Beschränkt steuerpflichtige ausländische Körperschaften aus EU/EWR-Staaten räumt das Feststellungsverfahren die Möglichkeit ein, ihren Spendern hinsichtlich der Abzugsfähigkeit einer Auslandsspende Rechtssicherheit zu geben, indem sie ihre Satzungen überprüfen lassen. Beschränkt steuerpflichtigen ausländischen Körperschaften aus anderen Staaten bleiben die Steuerbegünstigungen aufgrund Gemeinnützigkeit auch weiterhin verwehrt.

 

Rz. 187

Aus dem Feststellungsbescheid über das Vorliegen der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit kann kein Anspruch auf eine abschließende Freistellung im Veranlagungsverfahren hergeleitet werden.[307] Ob die Körperschaft wegen der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke von der Körperschaftsteuer befreit ist, wird ohne Bindung an den Feststellungsbescheid allein im Körperschaftsteuerveranlagungsverfahren bzw. in einem etwaigen sich anschließenden Klageverfahren entschieden.

 

Rz. 188

Allerdings räumte die Finanzverwaltung bereits vor der Einführung des gesonderten Feststellungsverfahrens in § 60a AO für geprüfte Satzungen und hierauf basierenden vorläufigen Bescheinigungen Vertrauensschutz ein.[308] So begründete auch die lediglich vorläufige Bescheinigung über den Status als steuerbegünstigte Körperschaft ein schutzwürdiges Vertrauen. Stellte die Finanzverwaltung nach Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung bei einer Überprüfung fest, dass die formelle Satzungsmäßigkeit nicht vorliegt, durfte sie hieran zumindest für die Vergangenheit keine nachteiligen Konsequenzen knüpfen.

 

Rz. 189

Seit Aufnahme des gesonderten Feststellungsverfahren in das Gemeinnützigkeitsrecht ergibt sich Vertrauensschutz daraus, dass materielle Fehler der Festsetzung erst mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Aufhebung der Feststellung folgenden Kalenderjahr beseitigt werden können, wobei die Vertrauensschutzvorschrift des § 176 AO grundsätzlich anzuwenden ist, vgl. § 60a Abs. 5 AO.

 

Rz. 190

Die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids erstreckt sich nur auf die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit und nicht auch auf die tatsächliche Geschäftsführung.[309] Liegen bis zum Zeitpunkt des Erlasses des erstmaligen Körperschaftsteuerbescheids oder Freistellungsbescheids bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, ist die Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen abzulehnen, vgl. § 60a Abs. 6 S. 1 AO. Das Gleiche gilt für die Aufhebung bestehender Feststellungen, vgl. § 60a Abs. 6 S. 2 AO.

[306] Vgl. BT-Drucks 17/12123, 16.
[309] Anders als im Gesetzgebungsprozess gefordert, vgl. Hüttemann, DB 2012, 2592, 2593; Richter/Gollan, npoR 2012, 186, 188.

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