Rz. 217

Wann eine Stiftung als "Familienstiftung" einzuordnen ist, wird in den jeweiligen Landesstiftungsgesetzen unterschiedlich geregelt. Maßgeblich für das anwendbare Recht ist der Sitz der Stiftung.[346] Während es nach einigen Landesstiftungsgesetzen genügt, dass die Stiftung mindestens "überwiegend"[347] dem Wohl der Mitglieder einer oder mehrerer bestimmter Familien bzw. privaten Zwecken[348] dient, fordern andere, dass die Stiftung "ausschließlich"[349] diesbezüglich tätig wird. Allerdings wird der in den meisten Landesstiftungsgesetzen verwendete Begriff "überwiegend" in der Praxis der Stiftungsbehörden nicht einheitlich verstanden.[350] Zumindest muss die Familienbegünstigung als Hauptzweck der Stiftung deutlich hervortreten. Dies beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls. Die Rechtsfolgen, die an die Qualifizierung als Familienstiftung geknüpft sind, waren in den einzelnen Bundesländern bislang äußerst unterschiedlich.[351] Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern die nach der Stiftungsrechtsreform zum 1.7.2023 angepassten Landesstiftungsgesetze zu einer Vereinheitlichung führen.

 

Rz. 218

Bislang stellt sich das Landesstiftungsrecht wie folgt dar: In Bayern findet nur eine "Eingangskontrolle" bei der staatlichen Anerkennung statt;[352] in der Folgezeit sind privatnützige Stiftungen sich selbst überlassen. In Baden-Württemberg sind Familienstiftungen gem. § 13 Abs. 2 StiftG B-W von der Pflicht zur Anzeige bestimmter Rechtsgeschäfte befreit. In Brandenburg unterliegen Familienstiftungen nur insoweit der Stiftungsaufsicht, als sicherzustellen ist, dass ihr Bestand und ihre Betätigung nicht dem Gemeinwohl zuwiderlaufen, vgl. § 4 Abs. 3 S. 2 StiftG Bbg. In Bremen beschränkt sich die Aufsicht auf Maßnahmen nach §§ 85a Abs. 2, 87a BGB (bis 30.6.2023: § 87 BGB a.F.) und auf einzelne Maßnahmen in Bezug auf die Organe, vgl. § 17 S. 2 StiftG Brem. In Niedersachsen und Saarland findet eine Stiftungsaufsicht über Stiftungen mit privatnütziger Zwecksetzung nur im Hinblick auf Maßnahmen nach §§ 85a Abs. 2, 87a BGB (bis 30.6.2023: § 87 BGB a.F.) und zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit der Stiftungsorgane statt, vgl. § 10 Abs. 2 StiftG Nds; § 10 Abs. 3 StiftG Saar. Ähnlich werden die Aufsichtsbehörden in Hamburg (§ 5 Abs. 1 S. 2 StiftG HH), Hessen (§ 21 Abs. 2 StiftG Hess), Nordrhein-Westfalen (§ 6 Abs. 3 StiftG NRW) und Rheinland-Pfalz (§ 9 Abs. 1 S. 3 StiftG R-P) darauf beschränkt, darüber zu wachen, dass Bestand und Betätigung der Stiftung dem öffentlichen Interesse nicht zuwiderlaufen. In Berlin (§ 10 Abs. 2 S. 1 StiftG Bln) beschränkt sich die Stiftungsaufsicht auf die Überwachung der Zusammensetzung der Stiftungsorgane und die Sicherstellung ihrer Handlungsfähigkeit, in Schleswig-Holstein (§ 19 S. 2 StiftG S-H) auf die Bestandswahrung und Beachtung von Rechtsvorschriften. Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen kennen keine Sonderregeln für Familienstiftungen.[353]

[346] Hüttemann/Richter/Weitemeyer/Jakob, Landesstiftungsrecht, Rn 6.7.
[347] Vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 StiftG Bln; § 2 Abs. 2 StiftG Bbg; § 17 S. 1 StiftG Brem; § 21 Abs. 1 StiftG Hess; § 19 S. 1 StiftG S-H.
[348] Vgl. § 2 Abs. 1 StiftG HH; § 6 Abs. 3 StiftG NRW; § 3 Abs. 2 StiftG Rh-Pf; § 10 Abs. 3 StiftG Saar.
[349] Einen ausschließlich familiären Bezug fordert § 13 Abs. 2 StiftG B-W; die ausschließlich private Zweckverfolgung verlangen Art. 10 Abs. 1 BayStiftG und § 10 Abs. 2 StiftG Nds.
[350] Vgl. Härtl, Ist das Stiftungsrecht reformbedürftig?, 153, wonach die Auslegung von über 50 Prozent bis zu 100 Prozent variiere; z.T. gilt auch das Steuerrecht als Richtschnur, was sogar eine Spanne von 25 Prozent (vgl. R E 1.2 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2011) bis 90 Prozent (vgl. Sorg, Die Familienstiftung, 80, 88) ermöglicht.
[351] Hüttemann/Richter/Weitemeyer/Richter/Gollan, Landesstiftungsrecht, Rn 30.34.
[352] Vgl. Schwintek, Vorstandskontrolle in Stiftungen, 279; siehe auch Richter/Sturm, NZG 2005, 655, 658.
[353] Vgl. im Einzelnen zum bisherigen Landesstiftungsrecht Hüttemann/Richter/Weitemeyer/Richter/Gollan, Landesstiftungsrecht, Rn 30.34 ff.

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