Rz. 118

Wie die Bezeichnung bereits andeutet, wird beim Vermächtnismodell das Unternehmen bzw. die Beteiligung am Unternehmen im Wege des Vermächtnisses auf den Nachfolger übertragen. Es kommt also in einem ersten Schritt mit dem Erbfall zu einem Übergang sämtlichen Vermögens (einschließlich des Unternehmens bzw. der Beteiligung) auf den Erben oder eine Erbengemeinschaft. Erst in einem zweiten, nachgelagerten Schritt erfolgt die Weitergabe an den eigentlichen Unternehmensnachfolger.

Damit dies funktionieren kann, müssen beim Einzelunternehmen die Vermögensgenstände, die dem Unternehmen (nach der Definition des Erblassers) zuzurechnen sind, genau bezeichnet werden, und zwar vollständig. Die bloße Bezugnahme auf eine Bilanz ist im Regelfall nicht ausreichend, da hier nicht alle Wirtschaftsgüter, die dem Unternehmen zuzuordnen sind, vollständig erfasst sein müssen. Sinnvoller erscheint es daher, eine eher allgemeine Umschreibung zu wählen und zusätzlich auf weitere Dokumente, beispielsweise auf ein sog. Anlagengitter, Bezug zu nehmen.

 

Rz. 119

Weitere Schwierigkeiten bereitet die Überleitung von Verbindlichkeiten auf den Vermächtnisnehmer: Denn eine vermächtnisweise Zuweisung von Verbindlichkeiten (und Vertragsverhältnissen) ist rechtlich äußerst problematisch, weil Verbindlichkeiten als Vermächtnisgegenstand prinzipiell gar nicht in Betracht kommen. Entsprechende Anordnungen sind wohl eher als Auflage zu verstehen. Außerdem setzt eine befreiende Schuldübernahme, die zum Vorteil des bzw. der Erben wirkt, in jedem Fall eine entsprechende Zustimmung sämtlicher betroffenen Gläubiger voraus. Ob diese tatsächlich erteilt wird, ist bei Testamentserrichtung praktisch nicht absehbar. Daher sollte für den Fall der Verweigerung der Zustimmung durch die Gläubiger stets eine entsprechende Freistellungsverpflichtung zugunsten des bzw. der Erben testamentarisch angeordnet werden, entweder durch Vermächtnis oder durch Beschwerung des Unternehmensnachfolgers mit einer entsprechenden Auflage.

Soll ein Gesellschaftsanteil durch Vermächtnis übertragen werden, setzt dies – jedenfalls bei Personengesellschaften – eine entsprechende Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag voraus (vgl. oben Rdn 46 ff.).

 

Rz. 120

Gelingt die Übertragung eines gesamten Betriebes oder Gesellschaftsanteils an einer Personengesellschaft durch Sachvermächtnis, ist auch dies ertragsteuerlich neutral; es führt nicht zu einer Entnahme. Insbesondere erzielen weder eine Erbengemeinschaft noch ein Alleinerbe hierbei einen Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. Spiegelbildlich hat der Vermächtnisnehmer gemäß § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte des Erblassers bzw. der Erbengemeinschaft fortzuführen.[81]

Wichtig ist – gerade bei Beteiligungen an Personengesellschaften – aber selbstverständlich auch im Rahmen des Vermächtnismodells, dass der Mitunternehmeranteil insgesamt auf den Unternehmensnachfolger übergehen muss. Ihm allein den Gesellschaftsanteil durch Vermächtnis zuzuwenden, genügt also im Zweifel nicht. Vielmehr muss er auch das Sonderbetriebsvermögen (und zwar insgesamt und nicht nur einen ideellen Anteil daran) erhalten, damit der Bestand des Mitunternehmeranteils (im steuerlichen Sinne) nicht gefährdet wird. Gelingt dies nicht, droht die Aufdeckung und Versteuerung der im Betriebsvermögen ruhenden stillen Reserven, und zwar nicht etwa durch den Vermächtnisnehmer sondern durch den oder die Erben. Besonders kritisch ist die Situation natürlich dann, wenn es sich bei etwa vorhandenem Sonderbetriebsvermögen um sog. wesentliche Betriebsgrundlagen handelt.

 

Rz. 121

Muster 22.7: Unternehmensnachfolge durch Vermächtnis

 

Muster 22.7: Unternehmensnachfolge durch Vermächtnis

Als (Voraus-)Vermächtnis erhält _________________________ mein gesamtes unternehmerisches Vermögen, nämlich

meine Gesellschaftsanteile an der _________________________/GmbH & Co. KG;
sämtliche den vorgenannten Unternehmensbeteiligungen unmittelbar oder mittelbar dienenden Vermögensgegenstände, insbesondere also sämtliche Vermögensgegenstände, die nach ertragsteuerlichen Grundsätzen Sonderbetriebsvermögen (und zwar sowohl I als auch II) darstellen und die im Rahmen meiner steuerlichen Gewinnermittlung (fortgeschrieben auf meinen Todestag) als Betriebsvermögen qualifiziert sind.

Meinem Vermächtnisnehmer mache ich zur Auflage, alle mit den vorgenannten vermächtnisweise zugewendeten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen und – soweit befreiende Schuldübernahmen scheitern – meine Erben auf erstes Anfordern von jeglicher Inanspruchnahme freizuhalten bzw. freizustellen. Im Falle des Verstoßes gegen diese Auflage entfällt das Vermächtnis.

 

Rz. 122

Ist die Unternehmensbeteiligung des künftigen Erblassers in Kapitalgesellschaftsanteilen verkörpert, stellt sich die Vermächtnislösung als deutlich einfacher umsetzbar und auch unter steuerlichen Gesichtspunkten vergleichsweise risikolos dar. Denn eine zufällige Aufdeckung stiller Reserven durch unbeabsichtigte Entnahmen...

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