Dr. Birgit Wilhelm-Lenz, Jochem Schausten
Rz. 284
In Unterhaltssachen ist im Verhältnis zu den anderen EU-Mitgliedstaaten die Europäische Unterhaltsverordnung (EG) 4/2009 vom 18.12.2008 (EuUnthVO) zu berücksichtigen. In Bezug auf Dänemark ist zu beachten, dass die Kapitel VI und VII der EuUnthVO nicht anwendbar sind.
Rz. 285
Die EuUntVO findet Anwendung auf sämtliche gesetzliche Unterhaltsansprüche, die einen familiären Hintergrund haben, sowie auf Ansprüche aus gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften.
Rz. 286
Wenn die Parteien nicht eine grundsätzlich zulässige Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben (Art. 4 EuUntVO), bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte nach Art. 3 EuUntVO.
Rz. 287
Hiernach ist das für die Entscheidung zuständige Gericht
a) |
das Gericht des Ortes, an dem der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder |
b) |
das Gericht des Ortes, an dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder |
c) |
das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf den Personenstand zuständig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese Zuständigkeit begründet sich einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien, |
oder
d) |
das Gericht, das nach seinem Recht für ein Verfahren in Bezug auf die elterliche Verantwortung zuständig ist, wenn in der Nebensache zu diesem Verfahren über eine Unterhaltssache zu entscheiden ist, es sei denn, diese Zuständigkeit beruht einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien. |
Rz. 288
Gegenüber der Schweiz, Island und Norwegen ist das Luganer Abkommen vom 30.10.2007 vorrangig zu berücksichtigen.
Rz. 289
Außerhalb der vorgenannten Übereinkommen gilt, dass die deutschen Gerichte im Bereich des Unterhaltsrechts international zuständig sind, wenn nach deutschem Verfahrensrecht im Inland ein Gerichtsstand vorhanden ist. Hier folgt die internationale Zuständigkeit aus den §§ 105, 232 FamFG.
Rz. 290
Die Anwendbarkeit des materiellen Rechts ergibt sich aus Art. 15 der EuUnthVO, welcher auf das Haager Unterhaltsprotokoll vom 23.11.2007 (HUP) verweist.
Rz. 291
Dieses gilt universell, d.h. unabhängig davon, ob es sich um Rechtsstreitigkeiten im europäischen Inland oder mit Drittstaaten handelt (Art. 2 HUP).
Rz. 292
Auch hier ist vorrangig zu berücksichtigen, ob die Beteiligten gem. Art. 8 HUP eine Rechtswahl getroffen haben.
Rz. 293
Liegt eine solche nicht vor, richtet sich die Unterhaltspflicht gem. Art. 3 HUP grundsätzlich nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Unterhaltsberechtigten.
Rz. 294
Eine Ausnahme hiervon gilt für den Ehegattenunterhalt bzw. Unterhaltsansprüche aus eingetragener Lebenspartnerschaft. Nach Art. 5 HUP findet in Bezug auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten, früheren Ehegatten oder Personen, deren Ehe für ungültig erklärt wurde, Art. 3 HUP keine Anwendung, wenn eine der Parteien sich dagegen wendet und das Recht eines anderen Staates, insbesondere des Staates ihres letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, zu der betreffenden Ehe eine engere Verbindung aufweist. In diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Zu beachten ist, dass Art. 5 HUP eine klassische Einrede darstellt und demnach nur anzuwenden ist, wenn sich einer der Beteiligten hierauf beruft.
Rz. 295
Eine weitere Besonderheit normiert Art. 4 HUP in Bezug auf Kindes- und Elternunterhalt. Hiernach ist, wenn die berechtigte Person nach dem in Art. 3 HUP vorgesehenen Recht von der verpflichteten Person keinen Unterhalt erhalten kann, das am Ort des angerufenen Gerichts geltende Recht anzuwenden. Hat der Unterhaltsberechtigte nicht an seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort, sondern am Aufenthaltsort des Unterhaltsverpflichteten einen Unterhaltsantrag gestellt, gilt das dortige materielle Recht.
Diese Regelungen gelten für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, das nicht an Art. 15 EuUnthVO gebunden ist.
Rz. 296
Ist Unterhalt von einer Person oder an eine Person zu zahlen, die außerhalb der Europäischen Union wohnt, so kann der Unterhaltsanspruch auf der Grundlage des Übereinkommens über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23.11.2007 (HUVÜ) und des Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht in einem Drittstaat vom 23.11.2007 geltend gemacht werden, wenn dieser Vertragsstaat des Übereinkommens und des Protokolls ist. Das Übereinkommen ist für die EU gegenüber Drittstaaten, die dem Übereinkommen beigetreten, seit dem 1.8.2014 in Kraft.