I. Gesetzessystematik

 

Rz. 2

Das kodifizierte Bestattungsrecht ist überwiegend Landesrecht. Dies liegt an der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung – die Materie ist nicht ausdrücklich dem Bund zugewiesen. Eine Ausnahme enthält in Art. 74 Abs. 1 Nr. 10 GG (konkurrierende Gesetzgebung). Aufgrund dieser Bestimmung hat der Bund das "Gräbergesetz"[1] und zugehörige Verwaltungsvorschriften erlassen.

Bundesrechtliche Gesetze enthalten außerdem vereinzelt Bestimmungen, so bspw. das Infektionsschutzgesetz, die Strafprozessordnung oder das Personenstandsgesetz. Das BGB enthält in § 1968 eine dem Erbrechtler sicher bekannte Vorschrift für Beerdigungskosten.

 

Rz. 3

International kann vor allem auf das Internationale Abkommen über Leichenbeförderung von 1937 ("Berliner Abkommen") zurückgegriffen werden. Dort ist auch der so genannte "Leichenpass" geregelt. Für Europa gibt es speziell das Europäische Übereinkommen über die Leichenbeförderung ("Straßburger Abkommen"), was jedoch von Deutschland nicht ratifiziert wurde.[2]

 

Rz. 4

Alle Bundesländer haben eigene Regelungen zu den bestattungsrechtlichen Themen erlassen. Friedhöfe regeln ihre Nutzung häufig durch Satzungen; Ermächtigungen hierzu sind in den landesrechtlichen Regelungen enthalten.

[1] Gesetz über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.
[2] Kurze/Goertz/Kurze, § 15 Rn 3.

II. Begriffsbestimmungen

 

Rz. 5

Im Bestattungsrecht gibt es diverse Rechtspositionen, die unterschiedlichen Personen Kompetenzen verleihen. Sie können aber auch bei einer Person konzentriert sein. Nachfolgend werden der Nutzungsberechtigte, der Totenfürsorgeberechtigte und der Bestattungspflichtige vorgestellt.

1. Nutzungsrecht, Nutzungsberechtigter

 

Rz. 6

Der Nutzungsberechtigte ist in der Regel diejenige Person, die den Nutzungsvertrag mit der Friedhofsverwaltung abschließt und damit für die ordnungsgemäße Grabpflege u.Ä. haftet.[3] Das Nutzungsrecht wird einer lebenden Person verliehen – war diese der Erblasser, geht dessen Nutzungsrecht auf den Nachfolger über. Regelungen bezüglich der Nachfolge sind zumeist in der örtlichen Friedhofssatzung enthalten.[4]

[3] Vgl. § 15 Abs. 10f Friedhofsmustersatzung des Deutschen Städtetages.
[4] Vgl. bspw. § 15 Abs. 6 bis 9 Friedhofsmustersatzung des Deutschen Städtetages.

2. Totenfürsorge

 

Rz. 7

Unter Totenfürsorge wird gemeinhin das Recht und die Pflicht[5] verstanden, über den Leichnam und die Bestattung zu bestimmen sowie die letzte Ruhestätte auszuwählen.[6] Bedauerlicherweise ist dieses Recht nicht gesetzlich geregelt. Nach überwiegend und auch hier vertretener Auffassung handelt es sich um ein privates Recht.[7]

 

Rz. 8

Auch im Bestattungsrecht ist der Wille des Verstorbenen zu beachten.[8] Daher kann der Erblasser für seine Bestattung Bestimmungen hinterlassen und den Totenfürsorgeberechtigten auswählen. Formvorgaben existieren in der Regel[9] nicht – zu Beweiszwecken ist aber natürlich zur Schriftform zu raten.[10] Bestimmungen im Testament sind unpraktisch, da dieses häufig erst nach der Bestattung und damit zu spät eröffnet wird. Hat der Verstorbene aber keine Bestimmungen getroffen, sind in der Regel die nächsten Angehörigen die Totenfürsorgeberechtigten.[11]

 

Rz. 9

Der Erbe ist nicht automatisch der Totenfürsorgeberechtigte, häufig wird es sich aber um ein und dieselbe Person handeln.

 

Rz. 10

Rechtsprechung und Literatur zählen die Totenfürsorge zu den sonstigen Rechten nach § 823 Abs. 1 BGB.[12] Damit besteht grundsätzlich das Recht, Schadensersatz-[13] und Unterlassungsansprüche oder Schmerzensgeld[14] zu fordern.

 

Rz. 11

Auch über die Umbettung entscheidet grundsätzlich der Totenfürsorgeberechtigte.[15] Doch dessen Zustimmung allein genügt nicht. Die einschlägigen Satzungsbestimmungen bzw. sonstige regionale Bestimmung müssen geprüft und in der Regel eine Zustimmung des Friedhofsträgers eingeholt werden.[16] Dieser berücksichtigt bei seiner Entscheidung auch das Recht auf Totenruhe.[17] Dem Recht auf Totenruhe kommt dabei erhebliche Bedeutung zu, eine Umbettung soll daher nur in Ausnahmefällen genehmigt werden.[18] Ausnahmen können bspw. dann zugelassen werden, wenn ein ausdrücklicher oder mutmaßlicher Wille des Verstorbenen vorhanden war oder nach Abwägung aller Umstände die Achtung der Totenruhe hinter die Interessen des Totenfürsorgeberechtigten an der Umbettung zurücktreten muss.[19]

 

Rz. 12

Möglich ist auch, dass mehrere Personen Totenfürsorgeberechtigte sind. Wichtige Entscheidungen sollten nach hier vertretener Ansicht einstimmig erfolgen; Ausnahmen für weniger wichtige Fragen sollten möglich sein.[20] Für Streitigkeiten der Totenfürsorgeberechtigten untereinander steht in der Regel der Weg vor die Zivilgerichte offen,[21] ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

[5] Ob es eine Pflicht zur Übernahme der Totenfürsorge gibt, ist nach hier vertretener Ansicht noch nicht eindeutig geklärt und sollte abgelehnt werden. So auch Gutzeit/Vrban, NJW 2012, 1630, 1631; a.A. vermutlich, aber nicht deutlich erkennbar, da nicht diskutiert BGH, Beschl. v. 14.12.2011 – IV ZR 132/10 ff.; für eine Pflicht Karczewski, ZEV 2017, 129, 130.
[6] Vgl. bs...

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