Rz. 13

Durch Unterhaltsvereinbarung kann lediglich auf zukünftigen Ehegattenunterhalt ab Scheidung verzichtet werden, nicht aber auf zukünftigen Trennungsunterhalt (§§ 1360a Abs. 3, 1361 Abs. 4 BGB i.V.m. § 1614 BGB).

 

Rz. 14

Der Zweck des Verzichtsverbots besteht darin, zu verhindern, dass der Berechtigte durch Dispositionen während der Trennungszeit seine Lebensgrundlage verliere und gegebenenfalls sozialhilfebedürftig wird.[11] Zulässig sind daher folgende Ausgestaltungen:[12]

Unterschreitung von weniger als 20 % des gesetzlichen Unterhalts; zwischen einer Unterschreitung von 20 % und einem Drittel des gesetzlichen Unterhalts ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Unterschreitung ausnahmsweise noch akzeptabel ist; die Unterschreitung von einem Drittel und mehr überschreitet die absolute Toleranzgrenze,
Konkretisierung des Zeitpunkts für den Beginn der Erwerbsobliegenheit des Berechtigten unter Beachtung der Zeitschranke des Alters von 3 Jahren eines betreuenden Kindes im Falle des § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB,
geringfügige Abweichung von der Fälligkeitsregelung des § 1361 Abs. 4 Satz 2 BGB,
Vereinbarung von Trennungsunterhalt als Mindestunterhalt mit der Maßgabe, dass Ansprüche auf einen sich nach dem Gesetz eventuell ergebenden höheren Unterhalt unberührt bleiben sollen,
Verzicht auf Unterhalt für die Vergangenheit, soweit der Unterhaltsanspruch nicht auf einen Dritten, bspw. einen Sozialleistungsträger übergegangen ist,
Verzicht auf "quasi- nachehelichen- Unterhalt" gem. §§ 1933, 1586b BGB; ein solcher Verzicht kann sich anbieten, wenn die Ehegatten i.R. einer Scheidungsfolgenvereinbarung einen Erb- und Pflichtteilsverzicht erklären, um während der Trennung volle erbrechtliche Verfügungsfreiheit zu verlangen.
 

Rz. 15

Unzulässig sind folgende Vereinbarungen:

Verzicht auf Trennungsunterhalt auch bei fehlender Bedürftigkeit des verzichtenden Ehegatten zum Zeitpunkt des Verzichts,
Verzicht auf Trennungsunterhalt wegen eigener Einkünfte des Berechtigten ohne Rücksicht auf höhere Einkünfte des anderen Ehegatten,
Verzicht auf Trennungsunterhalt, weil der Berechtigte durch den anderen Ehegatten im Innenverhältnis von der Erfüllung einer Verbindlichkeit freigestellt wird,
Abfindung des Unterhaltsanspruches für die Zukunft; § 1614 Abs. 1 BGB gilt auch für den Fall eines entgeltlichen Verzichts.[13] Wird in einer Gesamtregelung eine einmalige Abfindungssumme für Trennungs- und Nachscheidungsunterhalt gezahlt, bleibt derjenige Teil der Vereinbarung unwirksam, der den Trennungsunterhalt betrifft. Auch dann, wenn der Abfindungsbetrag bereits gezahlt wurde, kann der Unterhaltsberechtigte noch Trennungsunterhaltsansprüche geltend machen. Um den Unterhaltsschuldner zu schützen, muss in einem solchen Fall eine bedingte Zahlung des Abfindungsbetrages vereinbart und davon abhängig gemacht werden, dass Trennungsunterhaltsansprüche nicht geltend gemacht werden.[14] Bereits gezahlte Abfindungsbeträge wären dann zurückzuzahlen, wenn Trennungsunterhaltsansprüche geltend gemacht werden. Ein Rückzahlungsanspruch für den Fall einer bereits gezahlten Gesamtabfindung ist vertraglich festzuhalten und abzusichern,[15]
Verzicht auf Trennungsunterhalt "für die Gegenwart", z.B. für kurze Zeit bis zur Rechtskraft einer Scheidung,
Erschwerung der Möglichkeit, einer Erhöhung des Unterhaltes nach §§ 238, 239 FamFG zu verlangen,[16]
Ausschluss der gerichtlichen Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs,[17]
nicht unwesentliche Stundung des Unterhaltsanspruchs.[18]
 

Rz. 16

Auch in einem pactum de non petendo liegt ein unzulässiges und daher unwirksames Umgehungsgeschäft.[19]

Liegt in einer Regelungspunkt einer Gesamtvereinbarung ein unwirksames pactum de non petendo, ist im Hinblick auf den dann vorliegenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) weiter zu prüfen, ob die Teilnichtigkeit gemäß § 139 BGB auch die weiteren Bestimmungen in der Vereinbarung erfasst.[20]

 

Rz. 17

 

Praxistipp:

Vereinbarungen zur Höhe des künftigen Trennungsunterhaltes sind zulässig.
Die Grenze zwischen unzulässigem Verzicht und zulässiger Vereinbarung zur Höhe (Modifizierung des Anspruchs) wird bei einer Toleranzgrenze von 20–33 % des Bedarfes gezogen.[21]
Verzicht für die Vergangenheit (Unterhaltsrückstand) ist dagegen möglich.
§ 1614 BGB gilt auch dann, wenn für den Unterhaltsverzicht eine Abfindung vereinbart wurde.[22]
Vorauszahlungen für die Zukunft sind allerdings bis zu 3 Monaten zulässig (§§ 1614 Abs. 2, 760 Abs. 3 BGB).[23]
 

Rz. 18

Verzichtet der Gläubiger vorerst auf die Vollstreckung seiner Trennungsunterhaltsansprüche, weil er in der Lage ist, durch eigene Erwerbstätigkeit seinen Bedarf weitgehend zu decken, muss er seinen Unterhaltsanspruch bei inzwischen eingetretener Unterhaltsbedürftigkeit nicht erneut gerichtlich geltend machen. Der Unterhaltsberechtigte verliert durch den Vollstreckungsverzicht nicht seinen Titel.[24]

[11] Born, NZFam 2020, 665.
[12] Dazu ausführlich Horndasch in Kleffmann/Klein/Weinreich, Das famili...

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