Rz. 1791

Unter gewissen Voraussetzungen haben Arbeitnehmer Anspruch auf Elternzeit, also auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit (§ 15 BEEG). Insoweit handelt es sich um Sonderurlaub privatrechtlicher Natur, auf den das BUrlG oder tarifvertragliche Urlaubsregelungen keine Anwendung finden. Das BAG geht in st. Rspr. von einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses während der Elternzeit aus (zuletzt etwa BAG v. 19.4.2005 – 9 AZR 233/04, NZA 2005, 1354). § 17 BEEG betrifft die Kürzung, Übertragung und Abgeltung des Urlaubs. Der Urlaubsanspruch ermäßigt sich um je ein Zwölftel pro vollem Kalendermonat, in dem der Arbeitnehmer Elternzeit nimmt; dies gilt jedoch dann nicht, wenn und soweit der Arbeitnehmer während der Elternzeit bei seinem Arbeitgeber TzA leistet (§ 17 Abs. 1 S. 2 BEEG). Die Regelung hat § 4 Abs. 1 ArbPlSchG zum Vorbild und ist im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) sowie § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung für den Elternurlaub im Anhang RL 2010/18/EU (vgl. BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 495/17, NZA 2019, 1136).

Die Kürzung muss der Arbeitgeber formlos erklären (so BAG v. 19.3.2019 – 9 AZR 362/18, NZA 2019, 1141). Die Möglichkeit der Kürzung greift bei tarif- oder vertraglichem Urlaub nur dann, wenn keine andere Regelung besteht. Dies steht im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben (vgl. EuGH v. 4.10.2018 – C-12/17, NZA 2018, 1323).

 

Rz. 1792

 

Beispiel

Die Arbeitnehmerin A ist bei Arbeitgeber B seit 2018 beschäftigt. Der Jahresurlaub beträgt 20 Arbeitstage in der Fünf-Tage-Woche. A wird schwanger und entbindet am 19.7.2022. Nach Ablauf der Schutzfristen nach dem MuSchG nimmt sie Elternzeit. Die Elternzeit beginnt erst am 13.9.2022, also nach Ablauf der achtwöchigen Schutzfrist (§§ 6 Abs. 1 MuSchG, 15 Abs. 2 S. 1 BEEG), mit der Folge, dass der Jahresurlaubsanspruch um insgesamt 3/12 (je 1/12 pro vollem Kalendermonat, in dem Elternzeit genommen wird), d.h. um fünf Tage zu kürzen ist.

 

Rz. 1793

Hat der Arbeitnehmer bei Beginn der Elternzeit noch Resturlaubsansprüche, so sind diese nach Beendigung der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren (§ 17 Abs. 2 BEEG) oder im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses während oder nach der Elternzeit abzugelten (§ 17 Abs. 3 BEEG). Der Anspruch verfällt, wenn der Urlaub nicht im laufenden oder folgenden Urlaubsjahr nach der Elternzeit genommen wird. Dies gilt nach der Entscheidung des BAG allerdings nicht (mehr) im Fall erneuter Elternzeit (BAG v. 20.5.2008 – 9 AZR 219/07, NZA 2008, 1237).

 

Rz. 1794

Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor der Elternzeit mehr Urlaub gewährt, als ihm wegen der Kürzung gem. § 17 Abs. 1 BEEG zusteht, kann er den Urlaub nach der Elternzeit entsprechend kürzen (§ 17 Abs. 4 BEEG). Während der Elternzeit ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, nämlich die Pflicht zur Arbeitsleistung sowie die zur Zahlung der Arbeitsvergütung; die arbeitsvertraglichen Treuepflichten bestehen hingegen fort. Zum Antritt der Elternzeit bedarf es der Zustimmung des Arbeitgebers im Gegensatz zum Antritt des Erholungsurlaubes nicht. Liegen die Anspruchsvoraussetzungen des § 15 BEEG vor, reicht das Verlangen des Arbeitnehmers auf Elternzeit sowie die Mitteilung der Dauer desselben aus (§ 16 Abs. 1 BEEG). Eine Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit in der Elternzeit kommt allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 bis 7 BEEG in Betracht.

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