Rz. 1241

Weiter kommt, wie bei allen Persönlichkeitsrechtsverletzungen, auch bei Mobbing die Zahlung einer billigen Entschädigung in Geld in Betracht. Dieser Anspruch wird nach der Rspr. (BVerfG v. 8.3.2000, NJW 2000, 2187; BGH v. 15.11.1994, BGHZ 128, 1, 15) nicht mehr auf eine Analogie zu § 847 BGB a.F. (ab 1.8.2002: § 253 Abs. 2 BGB), sondern auf eine dem Schutzauftrag der Art. 1 und 2 GG entsprechende Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB gestützt. Er wird deshalb gewährt, weil bei Fehlen einer entsprechenden Sanktion ansonsten kein wirkungsvoller Rechtsschutz gegen Verletzungen der Persönlichkeit des Menschen bestünde. Dem von Verfassungs wegen erforderlichen Hemmeffekt dieser Geldentschädigung in Persönlichkeitsfällen entspricht es, dass der bei ihrer Bemessung demzufolge maßgebende Präventionsgedanke zu einer deutlichen Erhöhung der festzusetzenden Entschädigung führen muss (BVerfG v. 8.3.2000, NJW 2000, 2187). Voraussetzung für eine solche Geldentschädigung ist das Vorliegen eines nach Anlass und Beweggrund, Grad des Verschuldens, Art und Schwere der Beeinträchtigung schwerwiegenden, eine Genugtuung erfordernden Eingriffes mit Beeinträchtigungen, die nicht auf andere Weise befriedigend auszugleichen sind (BGH v. 30.1.1996, BGHZ 132, 27; vgl. insoweit auch die noch nicht dem Präventionsprinzip Rechnung tragenden Urteile des BAG v. 18.12.1984, NZA 1985, 811 [812] und LAG Hamburg v. 3.4.1991, NZA 1992, 509). Die von dem staatlichen Schutzpflichtauftrag geleiteten Erwägungen müssen auch bei Persönlichkeitsverletzungen durch Mobbing Anwendung finden, weil auch hier das Persönlichkeitsrecht in ganz besonderer und schwerwiegender Weise fortlaufend missachtet wird (zutreffend Wickler, DB 2002, 479; Kerst-Würkner, ArbuR 2001, 251) und weil auch hier der Persönlichkeitsschutz auf andere Weise nicht wirksam durchgesetzt werden kann. Bei Vorliegen von Mobbing ist deshalb das Erfordernis einer besonders schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung, die nicht durch andere Formen des Schadensersatzes kompensiert werden kann, durch das diesem innewohnende systematisch-dauerhafte (i.d.S. auch LAG Rheinland-Pfalz v. 16.8.2001, ZIP 2001, 2298), aber auch das vorsätzlich-schikanöse Element indiziert.

 

Rz. 1242

Da jeder Mensch von Geburt an über die gleichen unveräußerlichen Rechte verfügt, zu denen auch seine Würde, seine Ehre und seine Gesundheit gehören, kann auch bei einer mobbingbedingten Persönlichkeitsrechtsverletzung die Höhe der Entschädigung nicht von der Höhe seines Einkommens abhängig gemacht werden (i.E. LAG Mainz v. 16.8.2001, ZIP 2001, 2302; Rieble/Klumpp, ZIP 2002, 379). Der Wert des Persönlichkeitsrechtes darf nicht am wirtschaftlichen Status des Mobbingopfers gemessen werden. Das ArbG Stuttgart (v. 30.11.2005 – 2 Ca 8178/04) gestattete einer gemobbten Führungskraft einen Anspruch auf Vergütung, wobei der Anspruch das Bruttogehalt einschließlich Provisionen, Gratifikationen, Umsatzprämien und Tantiemen sowie Stock Options umfasste. Bei leistungsabhängiger Vergütung umfasse der Anspruch den Verdienst, den der Arbeitnehmer erzielt hätte. Für die Höhe der Vergütung gilt das Lohnausfallprinzip.

 

Rz. 1243

Eine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechtes durch Mobbing hängt von der Art und Schwere der Verletzungshandlung, Anlass und Beweggrund der Handlung und Grad des Verschuldens ab. Die Ermittlung der Geldentschädigungshöhe hat aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles zu erfolgen. Eine Persönlichkeitsverletzung darf zudem nicht in anderer Weise befriedigt ausgeglichen werden können, z.B. durch einen Beseitigungs-, Unterlassung- oder Widerrufsanspruch (BAG v. 29.4.1983 – 7 AZR 678/79, n.v.). Das ArbG Stuttgart (30.11.2005 – 2 Ca 8178/04, n.v., bestätigt durch LAG Stuttgart v. 12.6.2006, AuA 2007, 122) hielt ein Schmerzensgeld von 25.000,00 EUR für angemessen. Hintergrund war die Nicht-Beschäftigung des Klägers über einen Zeitraum von zwei Jahren, verbunden mit persönlicher Isolation und organisatorischer Ausgrenzung. Dieses Verhalten brachte eine Missachtung und eine entsprechende persönliche Herabsetzung des Klägers zum Ausdruck. Ein Schmerzensgeld von 15.000,00 DM hat 2001 das LAG Mainz (v. 16.8.2001, ZIP 2001, 2298) für sechs Jahre Mobbing zugesprochen.

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