Rz. 1286

Neben den Beschäftigungsverboten innerhalb der Schutzfristen von sechs Wochen vor gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG und acht bis 12 Wochen nach der Entbindung gem. § 3 Abs. 2 MuSchG verlängert sich die Schutzfrist nach der Geburt auf 12 Wochen bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten sowie auf Antrag bei einem Kind mit Behinderung.

 

Rz. 1287

Bei jeder Entbindung vor dem errechneten Zeitpunkt, unabhängig davon, ob es sich um eine "Frühgeburt" handelt, wird die "nicht verbrauchte" Zeitspanne der vorgeburtlichen Schutzfrist der Schutzfrist nach der Entbindung entsprechend zugefügt, vgl. § 3 Abs. 2 S. 3 MuSchG. Dadurch wird bewirkt, dass die Schutzfristen vor und nach der Entbindung in jedem Fall insgesamt 14 Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten 18 Wochen betragen. Zum Begriff der Frühgeburt sei auf die Entscheidung des BAG v. 12.3.1997 (NZA 1997, 764 = DB 1997, 1337) verwiesen.

 

Rz. 1288

Checkliste: Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG

 
  Schwangere(n) und Stillende(n) MuSchG
(1) dürfen 6 Wochen vor und 8 bzw. 12 Wochen nach Entbindung nicht beschäftigt werden; § 3 Abs. 1
(2) dürfen nicht mit Mehrarbeit von mehr als 8,5 Stunden täglich/90 Stunden in der Doppelwoche beschäftigt werden; § 4 Abs. 1
(3) muss eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden gewährt werden; § 4 Abs. 2
(4) dürfen nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr, bis 22 Uhr, jedoch mit behördlicher Genehmigung nach § 28 MuSchG beschäftigt werden; § 5 Abs. 1
(5) Dürfen grds. nicht an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden (Ausnahmen in § 6 Abs. 2 MuSchG); § 6 Abs. 1
(6) dürfen nicht Tätigkeiten übertragen werden, für die nicht aufgrund Gefährdungsbeurteilung erforderliche Schutzmaßnahmen getroffen wurden; § 10 Abs. 3
(7) dürfen keine Tätigkeiten übertragen werden, für welche unverantwortbare Gefährdungen nicht durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden können; § 13 Abs. 1 Nr. 3
(8) Schwangere dürfen nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist oder § 16 Abs. 1
(9) in den ersten Monaten nach der Entbindung die volle Leistungsfähigkeit nicht hergestellt ist und die Arbeiten die Leistungsfähigkeit übersteigen. § 16 Abs. 2
 

Rz. 1289

Durch die Integration der MuSchArbV in das MuSchG ist die MuSchArbV zum 1.1.2018 weggefallen und die Regelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber sowie für die Aufsichtsbehörden sind klarer und verständlicher geworden. Über die im MuSchG selbst festgelegten Verbote hinaus ergeben sich damit keine weiteren Beschäftigungsverbote aus der MuSchArbV. Über die Beschäftigungsverbote hinaus enthält § 11 MuSchG einen Katalog unzulässiger Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen, insbesondere solche Tätigkeiten, bei denen die Frau

Gefahrstoffen (Abs. 1),
Biostoffen (Abs. 2),
physikalischen Einwirkungen (Abs. 3),
einer so belastenden Arbeitsumgebung (Abs. 4) oder

körperlichen Belastungen oder mechanischen Einwirkungen (Abs. 5)

ausgesetzt ist oder sein kann, sodass dies für sie oder ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt, vgl. § 11 MuSchG mit weiteren Erläuterungen und Konkretisierungen.

Des Weiteren sind nach § 11 Abs. 6 MuSchG

Akkordarbeit,
Fließarbeit und
getaktete Arbeit (bei Gefährdung für Frau oder Kind)

unzulässig.

 

Rz. 1290

Für die zeitliche Festlegung des Beschäftigungsverbotes gem. § 3 Abs. 1 MuSchG während der letzten sechs Wochen vor der Entbindung (s.o. Beschäftigungsverbot unter Rdn 1288) ist das Zeugnis eines Arztes oder einer Hebamme maßgebend, das den mutmaßlichen Tag der Entbindung angeben soll (§ 15 Abs. 2 S. 2 MuSchG). Dies gilt auch dann, wenn sich der Arzt oder die Hebamme über den Zeitpunkt der Entbindung irrt. In dem Fall verkürzt oder verlängert sich die Frist entsprechend (§ 3 Abs. 1 S. 2 MuSchG). Die Berechnung der Frist gem. § 3 Abs. 1 S. 1 MuSchG richtet sich nach §§ 187, 188 BGB (BAG v. 12.12.1985, DB 1986, 1579).

 

Beispiel

Ist der mutmaßliche Tag der Entbindung in dem ärztlichen Attest mit Montag, 21.11.2023 bezeichnet, so beginnt die sechswöchige Schutzfrist am Montag, den 10.10.2023.

 

Rz. 1291

Die werdende Mutter kann auf das Beschäftigungsverbot in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung verzichten gem. § 3 Abs. 1 S. 1 MuSchG. Hierzu hat sie eine entsprechende ausdrückliche Erklärung abzugeben, die jederzeit widerrufen werden kann. Dabei hat jeder auch mittelbare Druck auf die Schwangere, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, zu unterbleiben. So hat das BAG eine tarifliche Regelung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 4 GG als unzulässig angesehen, nach der bei Inanspruchnahme der Schutzfrist gem. inhaltlich identischem § 3 Abs. 2 MuSchG a.F. der Anspruch auf "Urlaubsgeld" entfiel, während er bei Weiterarbeit der Frau während der letzten sechs Wochen vor der Entbindung bestanden hätte (BAG v. 20.8.2002, NZA 2003, 333).

 

Rz. 1292

Die meisten Beschäftigungsverbote beziehen sich ganz generell auf die Arbeitsbedingungen, unter denen an sich die vertraglich geschuldete Arbeit geleistet werden m...

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